Berlin. Berlins Regierender Bürgermeister geht in die Offensive: Klaus Wowereit wehrt sich gegen Vorwürfe in den Medien, er habe schon seit Wochen gewusst, dass der Flughafen Berlin-Brandenburg auch 2013 nicht eröffnet werden könne. Das sei völlig unmöglich, ließ Wowereit über seinen Anwalt verbreiten.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wehrt sich juristisch gegen den in Medien geäußerten Vorwurf, er habe bereits seit Wochen gewusst, dass die Eröffnung des Hauptstadtflughafens erneut verschoben wird. "Diese Aussage ist falsch", heißt es in einer am Dienstag verbreiteten Mitteilung des ihn vertretenden Anwalts Christian Schertz.

Aus der Erklärung des Flughafens vom 7. Januar gehe eindeutig hervor, "dass die Beteiligten überhaupt erst am 4. Januar 2013 abschließend klären konnten, ob der Termin verschoben werden muss oder nicht". Wowereit hatte am Montag wegen der erneuten Absage des Eröffnungstermins für den Hauptstadtflughafen angekündigt, dass er von seinem Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft zurücktritt.

Chaos am Flughafen Berlin-Brandenburg größer als befürchtet

Unterdessen wurde bekannt, dass das Chaos auf der Baustelle des Hauptstadtflughafens Schöneberg offenbar weitaus größer ist als bislang gedacht. Der Technikchef der Betreibergesellschaft, Horst Amann, fand jetzt drastische Worte. Da die Probleme "so gravierend, fast grauenhaft" seien, die Mängel im Verborgenen lagen "und wir beispielsweise nicht mehrere Hunderttausend Quadratmeter Decken aufreißen konnten", sei auch der 27. Oktober 2013 als Eröffnungstermin nicht zu halten gewesen. Ein neuer Eröffnungstermin stehe noch nicht fest, so Amann.

Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit stand deswegen trotz seines Rückzugs als Chefaufseher weiter im Trommelfeuer der öffentlichen Kritik. Die rot-schwarze Koalition in Berlin scharte sich daraufhin hinter ihm. Das Bündnis sei "stabil", sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Montagabend nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses. Beide Parteien seien sich einig, dass sie zur großen Koalition stünden, fügte sein CDU-Amtskollege Florian Graf hinzu.

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Wowereit wird auch von einem SPD-Parteikollegen kritisiert

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert, in dessen Wahlkreis der neue Großflughafen liegt, rückte in der "Rheinischen Post" allerdings vom Regierenden ab: "Ob die Nibelungentreue zu Klaus Wowereit für die Berliner SPD so förderlich ist, bezweifle ich." Die Berliner SPD müsse jetzt entscheiden, wie es weitergeht. Notfalls sollte der Landesvorsitzende Jan Stöß das Amt übernehmen.

Die Linke gab bekannt, dass sie den von Grünen und Piraten geplanten Misstrauensantrag gegen Wowereit unterstützt. Das habe der Fraktionsvorstand entschieden, sagte eine Sprecherin. Der Misstrauensantrag soll am Donnerstag in einer Sondersitzung ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden. Abgestimmt wird vermutlich am Samstag. Von der Linken werde es "keine Stimme für Klaus Wowereit geben", sagte die Sprecherin. Die Linkspartei regierte in Berlin zehn Jahre lang mit der SPD. Seit der Abgeordnetenhauswahl 2011 sitzt sie in der Opposition.

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Grüne wollen Wowereit per Misstrauensantrag stürzen

Im Misstrauensantrag der Grünen heißt es, Wowereit habe der Stadt "schweren Schaden zugefügt und Berlin national wie international in Verruf gebracht". Der Regierungschef könne "seinen Verfassungsauftrag – zum Wohle der Stadt zu wirken – nicht mehr dadurch erfüllen, dass er im Amt bleibt." Am Nachmittag wollte die Fraktion den Antrag noch ausführlich beraten.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele machte deutlich, dass er auch den designierten neuen Aufsichtsratschef, den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD), für ungeeignet hält. Dass Platzeck nun den Karren aus dem Dreck ziehe, "das glaubt doch keiner", sagte Ströbele im Deutschlandfunk. Platzeck und Wowereit hätten im Aufsichtsrat bislang wie Zwillinge agiert. Dieser Wechsel sei ein "Treppenwitz", sagte auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Ramona Pop.

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Von Miguel Sanches

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CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt kritisierte im Bayerischen Rundfunk zwar die Situation in Berlin als "Ärgernis". Sie verteidigte aber Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), den keine Schuld an dem Debakel treffe. Der Bund ist neben den Ländern Berlin und Brandenburg Anteilseigner der Flughafengesellschaft und im Aufsichtsrat vertreten. (dpa /dapd)