Berlin. . Deutschland schüttelt den Kopf über Berlin und das Debakel beim Flughafenbau. Viele Bürger fragen sich: Wie lange hält sich Wowereit noch als Regierender Bürgermeister der Hauptstadt, als Landeschef in Berlin?
Klaus Wowereit hat gewonnen. Beim Berliner Stadtmagazin „Tip“ führt der Regierende Bürgermeister die Liste der 100 peinlichsten Berliner an. „Überflieger“ nennen sie Wowereit deswegen. Das passt, wo doch in diesen Tagen in Berlin alle ans Fliegen denken. An die Großbaustelle in Schönefeld, die auch 2014 noch nicht fertig sein wird. Und an die Tatsache, dass andere Politiker deswegen längst aus dem Amt geflogen wären.
Ganz Deutschland schüttelt den Kopf über Berlin und das Debakel beim Flughafenbau. Seit am Sonntag bekannt wurde, dass die Eröffnung des Großflughafens zum vierten Mal verschoben wird und Klaus Wowereit sein Amt als Chefkontrolleur der Flughafengesellschaft aufgibt – seit dem ist die Frage wieder da: Wie lange hält sich Wowereit noch als Regierender Bürgermeister der Hauptstadt, als Landeschef in Berlin?
Wowereit ist schon lange nicht mehr der lässige Landesvater
Die Frage ist nicht neu. Wowereit ist schon lange nicht mehr der lässige Landesvater, dem die Berliner vieles verzeihen, weil er sich und seine Stadt eine Zeit lang so erfolgreich verkauft hat. „Berlin hat eine Ausstrahlung, eine Wildheit und auch eine Schönheit, wie wir sie in dieser Kombination nicht noch einmal auf dieser Welt finden.“
Klaus Wowereit hat diesen Satz im November 2010 gesagt. Ein knappes Jahr später standen in Berlin Wahlen an, Wowereit wollte eine dritte Amtszeit. Doch viele trauen ihm das zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu. Von Amtsmüdigkeit war die Rede. Und dass er Ambitionen habe auf eine Rolle in der Bundespolitik. Wenige Monate später kommt Wowereit sogar kurz als Kanzlerkandidat ins Gespräch.
Wowereit ist ein kühler Stratege, wenn es um seine Macht geht
Nachdem die Berliner Genossen ihn mangels Alternative zum Spitzenkandidaten gekürt haben, schlägt er sich auf die Brust: „Ich glaube, die SPD hat viele andere Leute, aber nicht so einen guten wie mich.“ Doch Wowereit kann mehr als Show.
Der Mann mit den weichen Gesichtszügen ist ein kühler Stratege, wenn es um seinen Machterhalt geht. Vor allem die eigenen Genossen bekamen das immer wieder zu spüren. Aber was ändert das? Ohne Wowereit wäre die Berliner SPD kopf- und gesichtslos.
Berlin hat sich stark verändert - Wowereit nicht
Klaus Wowereit wird am 1. Oktober 60 Jahre alt. Seit 2001 regiert er in Berlin. So lange her ist auch sein viel zitiertes Outing („Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“). Zwei Jahre später prägte er in einem Interview das später gebetsmühlenartig wiederholte Berlin-Etikett „Arm, aber sexy“.
Die Stadt hat sich seitdem stark verändert – Wowereit dagegen wenig. Gut, er geht nicht mehr so oft auf Partys wie am Anfang. Doch an seiner politischen Strategie musste er wenig ändern: Ärger hatten scheinbar immer nur die anderen. Sein Parteikollege, der Neuköllner Multikulti-Kritiker Heinz Buschkowsky, sein unorthodoxer Finanzsenator Thilo Sarrazin – oder eben seine Koalitionspartner. Erst die Grünen, dann die Linken, dann die CDU. An Wowereit selbst blieb kaum etwas hängen. Nach dem Abschied von Kurt Beck ist er der dienstälteste Ministerpräsident.
Dickes Fell gehört dazu
Lange schien es auch, als wolle Wowereit die Flughafenkrise schlicht aussitzen. Die erneute Verschiebung des Eröffnungstermins, die zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe, die empörten Unternehmen bringen jedoch immensen Druck in den Kessel.
Doch auch das kennt Wowereit. Er ist kein Bürgersohn aus Dahlem. Wowereit kommt aus einfachen Verhältnissen. In seiner Autobiographie schreibt er, der ständige Kampf daheim habe ihn „gestählt“. In Berlin spekulieren sie deshalb schon auf eine Durchhaltetaktik. Das dicke Fell dazu hätte er.