Berlin. . Auch der vierte Eröffnungstermin ist abgesagt. Die Baustelle steht seit Monaten still, die Mängelliste wächst , die Kosten steigen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gerät mehr und mehr unter Druck.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) spielt Pannen beim Hauptstadt-Airport Berlin-Brandenburg gern herunter. Vor Monaten – die Eröffnung war gerade wieder verschoben – berichtete er vor Wirtschaftsbossen lächelnd, was ihm Bürger angeblich so sagten: „Herr Wowereit, wir sind so glücklich, dass wir noch von Tegel fliegen können.“

Verspätet, aber lässig: Dieser Umgang mit dem Flughafen­debakel ist vorbei. Nach massivem öffentlichen Druck trat der SPD-Politiker am Montag als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft ab. Nächste Woche soll Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), heute Vize im Kontrollgremium, den Vorsitz übernehmen. Rainer Schwarz, der umstrittene Flughafen-Chef, soll gehen.

„Das war’s jetzt, Klaus“

Denn der Eröffnungstermin ist zum vierten Mal geplatzt – statt am 13. Oktober 2013 geht der Flughafen BER frühestens 2014 in Betrieb, womöglich noch später. Neben Problemen mit der Brandschutzanlage sind weitere milliardenschwere Baumängel erkannt.

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Von Miguel Sanches

Diesmal ist das Entsetzen über das politische Versagen besonders groß. „Das war’s jetzt, Klaus“, sagte gestern Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Für Grüne, Linke und Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus ist Wowereit auch als Regierungschef untragbar, noch für diese Woche planen sie einen Misstrauensantrag. Der hat wenig Aussicht auf eine Mehrheit, aber auch beim Koalitionspartner CDU dürfte es vereinzelte Gegenstimmen geben. Er habe „Schaden über die Stadt gebracht“, Berlin „zum Gespött gemacht“, klagt die Opposition.

Die Kenner der Materie gefeuert

Zur Aufregung trägt ein internes Baufirmenprotokoll bei. Das nährt den Verdacht, dass die Verschiebung intern seit Dezember klar war. Was Wowereit, Platzeck sowie das beteiligte Bundesverkehrsministerium bestreiten: Erst am Freitag, versichern alle, hätten sie vom erneuten Debakel erfahren.

Mit dem Rückzug aus dem Aufsichtsrat will Wowereit sich aus der Schusslinie bringen. Sein Krisenmanagement hat versagt: Erst sollte der Airport-Betrieb im Oktober 2011 starten, dann am 3. ­Juni 2012. Vier Wochen zuvor kam die Absage, offiziell wegen der nicht genehmigungsfähigen Brandschutzan­lage. Bald war aber auch klar, dass die Baukosten um 1,2 Milliarden auf 4,3 Milliarden Euro steigen würden. Schnell gab es Zweifel am neuen Termin 17. März 2013.

Doch statt reinen Tisch zu machen, wurde weiter dementiert und abgewiegelt. Die Kontrolleure ­griffen hart, womöglich aber an der falschen Stelle durch: Sie feuerten die Hauptplaner um den Architekten von Gerkan. „Das war Aktionismus. Über Monate fehlten Leute mit Kompetenz und dem Wissen, was auf dieser Baustelle wie funktioniert“, sagt der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Anton Hofreiter (Grüne).

Teile des Terminals sind noch im Rohbau

Im August verschob man die Eröffnung erneut auf Oktober 2013. Der Bau aber kam nicht voran; sieben Monate lang passierte praktisch nichts auf der Großbaustelle. Teile des Terminals, so das interne Protokoll, sind noch im Rohbau. Rolltreppen sind zu kurz, Regen läuft ins Lüftungssystem und die Betankungsanlage ist mangelhaft.

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Fachleute warnen, der Flughafen werde nicht nur zu geringe Kapazitäten haben, sondern teilweise von den Genehmigungen abweichen – vor allem beim Brandschutz. Seit Monaten versuchen Techniker mit Rauchversuchen den Nachweis, dass die Anlage trotzdem Sicherheit bietet – bisher ohne Erfolg. Experten vermuten, dass der gesamte Terminal umgebaut werden muss.

Wowereit ist als Chefkontrolleur nicht direkt und nicht allein verantwortlich, gilt aber als überfordert. Weil er auch andere Probleme nicht in den Griff bekommt, steht er unter Berlins beliebtesten Politikern laut Umfrage nur noch auf Platz 13. Die SPD ist auf 24 Prozent abgerutscht, liegt hinter der CDU.

Noch hält die SPD zu Wowereit; Parteichef Gabriel lehnte gestern einen Rücktritt ab. Wowereit solle „kühlen Kopf bewahren“, riet er.