Moskau. . Mit einem Gesetzentwurf soll das öffentliche Fluchen in Filmen oder auf der Theaterbühne unter Strafe gestellt werden. Dabei gehört die fantasievolle Aneinanderreihung unflätiger Ausdrücke zum Lebensgefühl vor allem der russischen Männer. Filme mit Schimpfwörtern sollen keine Kinolizenz erhalten.
Die russische Staatsduma will Schimpfwörter im öffentlichen Gebrauch verbieten. Stanislaw Goworuchin, Vorsitzender des Kulturausschusses der Duma, hat einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.
Das geplante Gesetz stellt unflätige Ausdrücke in Fernseh- und Radiosendungen, in Kinofilmen, Printmedien und auf Theaterbühnen unter Strafe - bis zum umgerechnet 60 Euro für Privatpersonen und bis zu 1200 Euro für Unternehmen. Wie die Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta berichtet, häufen sich in der Duma Beschwerdebriefe von Bürgern, in Kunst und Literatur werde zu oft geflucht, im Internet seien Schimpfwörter gar zur Norm geworden.
Gedichte nur aus Schimpfwörtern
Tatsächlich rühmen sich viele Russen, vor allem Männer, ihrer Mutterflüche. Phantasiereiche Verknüpfungen verbaler Unanständigkeiten gelten gemeinsam mit Wodka als unverzichtbare Ausdrucksform des Lebensgefühls. In Autogaragen, Jagdhütten oder auf einschlägigen Websites rezidiert man Gedichte, die nur aus Schimpfwörtern bestehen.
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Die von Obszönitäten strotzende Erzählung „Moskwa-Petuschki“ des Schriftstellers Wenedikt Jerofejew wurde schon zu Sowjetzeiten als alternatives Nationalpoem gefeiert. Die Rockgruppe „Leningrad“, deren Sänger Sergei Schnurow mit betrunkener Stimme lyrische Metaphern und schmutzige Flüche aneinanderreiht, ist seit Jahren Kultband gerade der neurussischen Oberklasse.
Selbst die Staatsmacht flucht
Allerdings ist unklar, warum der Abgeordnete Goworuchin, selbst ein angesehener Filmregisseur, es mit seinem Gesetzentwurf vor allem auf Kollegen abgesehen hat: „Wenn in einem Film Schimpfwörter benutzt werden, erhält er keine Kinolizenz“, heißt es in seinem Gesetzentwurf. Dabei sind Flüche in TV- und Kinofilmen eher die Ausnahme. „In der Branche stehen zweifelhafte Vokabeln schon jetzt auf der schwarzen Liste“, sagt der Moskauer Drehbuchautor Andrei Tumarkin der WAZ Mediengruppe. „Deshalb sagen unsere Filmhelden statt Hintern immer Po.“
Putin - ein Präsident in Action
Systemkritikern werfen den Vertretern der Staatsmacht selbst vor, sie nähmen es mit der Sprachreinheit nicht so genau. Angefangen mit den berüchtigten Verkehrspolizisten über die Staatsduma bis zu Wladimir Putin selbst. Der verdankt sein Image als volksnaher Macho so schlüpfrigen Sprüche wie „im Klo abmurksen“ oder dem verbalmoralisch ebenfalls fragwürdigen Vergleich der Opposition mit einer Affenbande.
Streitfall Putin
Goworuchins Gesetzentwurf aber schlägt vor, in Streitfällen über die Unziemlichkeit konkreter Wörter oder Wendungen sprachliche Expertisen einzuholen. Und zu Zeit ist wohl kein russischer Sprachexperte so kühn, die geflügelten Worte Putins vor Gericht für bußgeldpflichtig zu erklären.