Moskau. Die Ölbranche steht vor der größten Übernahme aller Zeiten - wodurch in Russland der größte Ölkonzern der Welt entstehen köntne. Das staatliche Unternehmen Rosneft soll für TNK-BP 56 Milliarden Dollar zahlen. Vier Oligarchen erhalten Milliarden für ihren umsonst erworbenen Anteil.

In der Ölbranche zeichnet sich die teuerste Übernahme aller Zeiten ab: Der russische Ölgigant Rosneft steht offenbar davor, sich die Kontrolle über das lukrative und umkämpfte Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP zu sichern. Kostenpunkt: Rund 56 Milliarden Dollar, davon geht jeweils die Hälfte an die britische BP und die russische Oligarchengruppe TNK.

Damit dürfte der Verkauf der Anteile an den russischen Staatskonzern Rosneft sowohl für BP als auch für die Magnaten Michail Fridman, Viktor Wechselberg, Leonard Blawatnik und German Chan von TNK zum Traumgeschäft werden. TNK hatte die Anteile praktisch umsonst erhalten.

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BP war 2003 mit acht Milliarden Dollar bei TNK eingestiegen, kassierte seitdem 13 Milliarden Gewinn. Und jetzt will Rosneft noch 15 Milliarden Dollar in bar drauflegen, dazu 12,5 Prozent der eigenen Aktien. Was wiederum bedeutet, dass BP zum Juniorpartner der Russen bei der geplanten Erschließung der Ölreichtümer in der Arktis wird, wo der Kreml seinem Lieblingskonzern gerade erst 75 Prozent aller Förderlizenzen erteilt hat.

„BP bekommt Zutritt zu diesen Reserven“, urteilt der Moskauer Investmentberater Steven Torbner. „Es ist in Russland nicht leicht, einen Platz an der Sonne zu erobern, aber dieses Geschäft gibt BP das Recht, optimistisch in die Zukunft zu schauen.“

TNK-BP ist die profitabelste Ölgesellschaft Russlands

Zumal TNK-BP, die drittgrößte, aber mit zuletzt acht Milliarden Dollar Jahresgewinn profitabelste Ölgesellschaft Russlands, Probleme drohen: Die sibirischen Ölfelder des Konzerns könnten bald versiegen. Schon jetzt wird gemunkelt, TNK-BP sei tatsächlich nicht mehr als 50 Milliarden Dollar wert.

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Das aber kümmert Rosneft-Chef Igor Setschin und seinen Gönner, den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht. Auch nicht der Widerstand der Regierung von Ministerpräsident Dimitri Medwedew. Dessen Stellvertreter Arkadi Dworkowitsch hatte erst vor wenigen Tage gesagt: „Der Staat wird seine Teilnahme am Wirtschaftsleben nicht ausweiten, auch nicht durch den Kauf privater Firmen durch Staatskonzerne.“

„Back to the USSR“ spottet das Wirtschaftsportal Grani. „Nach diesem Geschäft bekommen wir praktisch noch eine monopolisierte Branche, der neue Konzern wird etwa die Hälfte des Öls in Russland fördern.“ Erwirbt Rosneft TNK-BP, so wird es mit einer Tagesförderung von 4,5 Millionen Barrel zum größten Ölproduzenten der Welt.

Finanzierung ist noch unklar

Unklar ist nur, wie der Konzern, schon jetzt mit 20 Milliarden Dollar verschuldet, das Geschäft finanzieren möchte. Die Ratingagentur Fitch droht, sie werde Rosneft niedriger bewerten, wenn der Konzern sich mehr als 15 Milliarden Dollar zusätzlich leiht. So mag Rosneft auch das Oligarchenquartett zum Teil mit eigenen Aktien abfinden. Oder zahlt in Raten. Im schlimmsten Fall muss der Staatskonzern den Kauf einer der beiden TNK-BP-Hälften verschieben und zwischenzeitlich ein neues Joint-Venture betreiben: Rosneft-BP zum Beispiel.