Berlin. Die mutmaßliche Rechtsterroristin und einzige Überlebende der NSU wollte laut einem Bericht vor Gericht aussagen - dies habe sie Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes gesagt. Ihre Verteidiger raten ihr allerdings weiterhin davon ab, sich zu den Vorwürfen zu äußern.
Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe soll eine Aussage vor Gericht und die Trennung von ihren Verteidigern erwogen haben. Die "Bild"-Zeitung berichtete, Zschäpe habe im Sommer während eines mehrstündigen Gefangenentransports zwei Begleitern vom Bundeskriminalamt (BKA) gesagt, ihr Verhältnis zu ihren Anwälten sei nachhaltig gestört. Sie habe sich der Polizei gestellt, um auszusagen. Ihre Anwälte hätten ihr aber abgeraten, deshalb sei sie unsicher.
Das Blatt schrieb unter Berufung auf ein zwölfseitiges BKA-Protokoll des achtstündigen Gesprächs von Ende Juni, Zschäpe habe ihren Begleitern gesagt, sie überlege, die Verteidiger zu wechseln und habe ihre Mutter gebeten, sich nach Alternativen umzusehen. Nachdem ihre Großmutter gestürzt sei, habe sie aussagen wollen. Sie wolle sich umfangreich und vollständig erklären. Der Zeitung zufolge ist dem BKA aber nicht klar, ob die 37-Jährige damit die Taten der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) meint oder nur ihr Untertauchen.
Anwälte bleiben dabei: Keine Aussage Zschäpes
Zschäpes Anwälte hatten der "Süddeutschen Zeitung" (Samstagausgabe) mitgeteilt, ihre Mandantin wolle auch vor Gericht nicht aussagen. Sie seien sich mit Zschäpe einig, dass sie keine Angaben zur Sache machen werde, so der Kölner Jurist Wolfgang Heer. Die Bundesanwaltschaft hat Zschäpe wegen Mittäterschaft bei zehn Morden und 15 Raubüberfällen, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie besonders schwerer Brandstiftung mit versuchtem Mord in drei Fällen angeklagt.
Zschäpe sitzt seit gut einem Jahr in Untersuchungshaft, im kommenden Jahr soll vor dem Oberlandesgericht München ein Prozess gegen sie eröffnet werden. Die Bundesanwaltschaft wirft der 37-Jährigen vor, Mittäterin von zehn Morden und weiteren Straftaten der Neonazi-Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zu sein. Deren Agieren im Untergrund birgt noch viele Rätsel. Zschäpe ist das einzige noch lebende Mitglied des NSU; die ebenfalls für die Mordserie verantwortlich gemachten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten sich das Leben genommen.
Ob Zschäpe in dem gesamten Prozess schweigen wird, steht nach Angaben ihrer Anwälte noch nicht fest. "In einem Hauptverfahren sind viele Entwicklungen möglich, die man nicht vorhersagen kann", betonte Zschäpes Berliner Anwältin Anja Sturm.
Zschäpes Verteidigung haben Heer, Sturm und der Koblenzer Anwalt Wolfgang Stahl übernommen. Heer warf Generalbundesanwalt Harald Range eine "Vorverurteilung" vor, weil dieser frühzeitig über eine Kronzeugenregelung gesprochen und diese abgelehnt habe. Hinter der Debatte über die Kronzeugenregelung stehe die Annahme, dass Zschäpe in allen Anklagepunkten verurteilt werde, sagte Heer. Sich dazu zu äußern, falle aber nicht in die Kompetenz Ranges, kritisierte Stahl.
Zu Spekulationen über einer möglichen Sicherheitsverwahrung im Falle einer lebenslangen Haftstrafe sagte Heer, Zschäpe sei sich des Ernstes der Lage bewusst, "aber dennoch gefasst". Die Anwälte beklagten zudem "Vorverurteilungen" durch die Öffentlichkeit und sehen es als ihre Aufgabe, "im Interesse eines fairen Prozessverlaufs" gegenzusteuern. Sie betonten, dass Zschäpe den Prozess nicht als "Bühne" für Propaganda nutzen wolle. (afp/dapd)