Berlin. . Durch die Schaffung von Ausgleichsmandaten soll sich der Wählerwille stärker als bisher im Parlament widerspiegeln. Dadurch allerdings steigt die Zahl der Abgeordneten im Bundestag deutlich an. Der Bund der Steuerzahler moniert: Es könnten Mehrkosten von 40 Millionen Euro pro Jahr entstehen.
Die Bundestagsfraktionen von Union, FDP, SPD und Grünen haben sich auf ein neues Wahlrecht verständigt. Danach sollen die sogenannten Überhangmandate durch Ausgleichsmandate neutralisiert werden. Das teilte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer, am Mittwoch in Berlin mit. Das Bundesinnenministerium sei damit beauftragt worden, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten.
Folge des neuen Wahlrechts, nach dem im Herbst 2013 der nächste Bundestag gewählt wird, dürfte eine Vergrößerung des Parlaments sein. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von Ende Juli, wonach das geltende Wahlrecht unter anderem wegen der Überhangmandate nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Mandate entstehen, wenn eine Partei mehr direkt gewählte Abgeordnete hat, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen.
Bundestag könnte auf 700 Abgeordnete anschwellen
Nach Berechnungen des Politologen Joachim Behnke könnte die geplante Wahlrechtsänderung den Bundestag auf weit mehr als 700 Sitze anwachsen lassen. Behnkes Beispielrechnung: Wenn etwa die CSU in Bayern nur knapp 37 Prozent der Stimmen erzielte, wäre es möglich, dass die Christsozialen sechs Überhangmandate bekämen, was insgesamt 129 Ausgleichsmandate für die übrigen Parteien nach sich zöge.
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Nach dem Reformansatz sollen Überhangmandate einzelner Parteien durch zusätzliche "Ausgleichsmandate" kompensiert werden. Das heißt, anders als heute entspräche dann das Sitzverhältnis der Fraktionen zueinander wieder dem Zweitstimmenergebnis bei der Wahl - wie im Verfassungsgerichtsurteil gefordert.
Maxixal 40 Millionen Euro an Mehrkosten für's Parlament
Die Normalgröße des Bundestages liegt bei 598 Abgeordneten, nach der letzten Wahl gab es aufgrund von Überhangmandaten zunächst 622 Sitze. Legt man aktuelle Umfrageergebnisse zugrunde, würden nach dem neuen Wahlrecht 642 Abgeordnete ins Parlament einziehen.
Grosse-Brömer sieht jedoch zu einer Vergrößerung des Bundestages in Verbindung mit der geplanten Reform des Wahlrechts keine Alternative. "Wir hatten uns darauf verständigt, das im Prinzip bewährte Wahlrecht in Deutschland nicht rigoros zu verändern", sagte Grosse-Brömer. Da beispielsweise ein Mehrheitswahlrecht FDP, Grünen und Linken kaum noch Chancen gelassen hätte, sei der Handlungsspielraum für eine fraktionsübergreifende Verständigung begrenzt: "Da war kaum Platz für spezielle Regelungen. Sondern da mussten wir im Kompromissverfahren eine Lösung suchen."
Er sei "noch sehr zuversichtlich, dass wir gar nicht so eine überbordende Vergrößerung des Bundestages bekommen wie das immer bei irgendwelchen Modellrechnungen angenommen wird". Sollten dem nächsten Bundestag nach der Reform tatsächlich 700 Abgeordnete angehören, würde dies nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes jährliche Mehrkosten von bis zu 40 Millionen Euro verursachen.