Akcakale. Nach anhaltenden Gefechten im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind die Schulen im südosttürkischen Akcakale geschlossen worden. Seit fünf Tagen antwortet die türkische Regierung mit Artilleriefeuer auf den Beschuss von syrischer Seite. Vergangene Woche waren fünf türkische Zivilisten getötet worden.
Die Gefechte an der Grenze zwischen Syrien und der Türkei nehmen kein Ende. Bereits den fünften Tag in Folge reagierte die Regierung in Ankara am Sonntag mit Artilleriefeuer auf Granatenbeschuss aus Syrien. Die anhaltende Gewalt an der Grenze nährt die Sorge, dass sich der syrische Bürgerkrieg zu einem Flächenbrand in der Region ausweiten könnte.
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hatte am Samstag gewarnt, dass die Türkei auf jede Granate, die auf türkischem Boden fällt, militärisch reagieren würde.
Schüler wurden wieder nach Hause geschickt
Nach dem erneuten Einschlag einer syrischen Artilleriegranate am Wochenende bleiben die Schulen in der südosttürkischen Grenzstadt Akcakale geschlossen. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete, wurden die Schüler am Montagmorgen wieder nach Hause geschickt.
Aleppo brennt
In Akcakale waren vergangene Woche fünf Zivilisten von einer syrischen Granate getötet worden. Die türkische Armee antwortete mit eigenem Artilleriebeschuss nach Syrien hinein. Da es anschließend zunächst keinen weiteren Beschuss mehr gab, entschieden die Behörden zunächst, die Schulen zu Beginn der neuen Woche wieder zu öffnen. Nach dem Einschlag einer Granate in einem Getreidesilo nahe der Grenze in Akcakale am Sonntag wurde die Schulöffnung aber wieder auf unbestimmte Zeit verschoben.
"Jeden Moment auf einen Krieg vorbereitet sein"
Nach Angaben der amtlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu gehen die Truppen des syrischen Präsidenten Baschar Assad auf der anderen Seite der Grenze gegen die von den Rebellen gehaltene Stadt Tal Abjad vor.
Der türkische Premier Erdogan sagte nach Medienberichten bei einer Rede in Istanbul am Sonntag, nach den ersten Einschlägen syrischer Geschosse habe sich die Türkei noch in Geduld geübt. Wegen des anhaltenden Beschusses habe Ankara dann aber reagiert. Angesichts der Lage beim Nachbarn Syrien müsse die Türkei "jeden Moment auf einen Krieg vorbereitet sein". Die Opposition in Ankara und Teilnehmer regierungskritischer Demonstrationen hatten in den vergangenen Tagen das von Erdogans Regierung im Parlament durchgesetzte Mandat für einen Syrien-Einsatz der türkischen Armee scharf kritisiert.
Vorschlag für die Beilegung des Syrien-Konflikts
Gleichzeitig brachte die Türkei auch auf diplomatischer Ebene einen neuen Vorschlag für die Beilegung des Konflikts in Syrien ein und sprach sich für Vizepräsident Faruk al Scharaa als mögliche Führungspersönlichkeit in einer Übergangsregierung im Nachbarland aus.
Al Scharaas "Hände sind nicht mit Blut verseucht", sagte der türkische Außenminister Davutoglu dem öffentlich-rechtlichen Sender TRT. Es war unklar, ob die Fürsprache der Türkei für al Scharaa mit anderen Verbündeten abgesprochen war, doch die Äußerungen Davutoglus legten nahe, dass es möglicherweise einen Konsens über eine zukünftige Rolle für ihn geben könnte.
Inzwischen gingen auch die Kämpfe im Inneren des Landes weiter. Nach Angaben von Aktivisten kamen bei Gefechten von Aleppo im Norden bis an die jordanische Grenze im Süden am Sonntag wieder mindestens 90 Menschen ums Leben.
Autobombe tötet syrischen Soldaten
Die Aufständischen konnten laut Medienberichten ihre Kontrolle in der Grenzregion zur Türkei festigten. Die Rebellen hätten nach heftigen Gefechten mit den Regierungstruppen die Ortschaft Chirbat al Dschos im Nordwesten des Landes erobert, berichteten Anadolu und der Sender Al Dschasira am Sonntag. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mussten sich die Truppen Assads auch aus zwei weiteren Dörfern in der Provinz Idlib zurückziehen.
Bei der Explosion einer Autobombe im Zentrum der Hauptstadt Damaskus kam nach Angaben der amtlichen syrischen Nachrichtenagentur SANA am Sonntag ein Mitglied der Streitkräfte ums Leben. Der Sprengsatz sei kurz nach Sonnenuntergang nahe dem Polizeipräsidium detoniert, meldete SANA. Die Regierung machte "Terroristen" für den Anschlag verantwortlich. (afp/dapd)