Berlin/Leipzig. Transparency International wirft Peer Steinbrück vor, gegen Bundestagsregeln zu verstoßen. Der SPD-Kanzlerkandidat solle seine Nebeneinkünfte offenlegen, fordert die Anti-Korruptions-Organisation. Die Bundestagsfraktionen wollen Nebeneinkünfte indes grundsätzlich strenger reglementieren.

Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vorgeworfen, bei seinen Nebeneinkünften gegen die geltenden Bundestagsregeln zu verstoßen. Sie forderte ihn am Donnerstag auf, nicht nur die Namen seiner Redneragenturen, sondern die tatsächlichen Auftraggeber zu nennen. Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" gibt es im Bundestag weitgehend Einigkeit zur Verschärfung der Regeln.

"Das Mindeste, was Steinbrück tun muss, um dem Gedanken der bestehenden Regelung gerecht zu werden, ist die Veröffentlichung seiner tatsächlichen Auftragnehmer und nicht nur der Namen seiner Redneragenturen", sagte der TI-Geschäftsführer Christian Humborg dem Nachrichtenportal Spiegel Online. Der SPD-Abgeordnete hat bei seinen Vorträgen und Reden wiederholt statt des wahren Auftragnehmers nur die Redneragenturen genannt, die seine Vorträge vermittelten.

Bundestagsfraktionen wollen Regeln für Nebeneinkünfte verschärfen

Steinbrück gab auf seiner Bundestags-Homepage an, seit 2009 rund 80 bezahlte Vorträge und Reden mit einem Honorar von jeweils mehr als 7000 Euro gehalten zu haben. Insgesamt ergibt das Einkünfte von mindestens 560.000 Euro. Humborg forderte, die Regeln zur Veröffentlichungspflicht von Nebenverdiensten grundsätzlich zu reformieren. Nötig sei die "Offenlegung der Nebeneinkünfte auf Heller und Pfennig - und zwar für alle Abgeordnete", sagte Humborg.

Nach Angaben der "Süddeutsche Zeitung" besteht weitgehend Einigkeit zwischen den Fraktionen im Bundestag, die Nebeneinkünfte künftig genauer zu veröffentlichen. Demnach will die Rechtsstellungskommission des Ältestenrats am 18. Oktober über verbleibende Streitpunkte beraten. Derzeit müssen Abgeordnete Nebeneinkünfte nur einer von drei Stufen zuordnen: bis 3500 Euro, bis 7000 Euro und mehr als 7000 Euro. Damit bleibt offen, wie hoch Einkünfte der Stufe 3 tatsächlich waren.

"Für Kanzlerkandidaten gelten andere Maßstäbe" 

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte der "Süddeutschen Zeitung", inzwischen seien sich "alle Fraktionen einig, dass man mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften schaffen will". Seine Fraktion habe einen Vorschlag erarbeitet, der "mindestens sechs statt der bisher drei Stufen" vorsieht. Die höchste Stufe solle im "sechsstelligen Bereich" liegen.

Die SPD will die höchste Stufe bei mindestens 150.000 Euro. Zum Fall Steinbrück sagte der Fraktionsgeschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, sagte der "Leipziger Volkszeitung", ein Kanzlerkandidat müsse sich "andere Maßstäbe gefallen lassen, als der einfache Abgeordnete".

Fraktionen streiten noch über "Bagatellgrenze"

Streit gibt es laut "SZ" noch über die "Bagatellgrenze". Bisher müssen Abgeordnete nur Einnahmen von mehr als tausend Euro je Leistung und Monat melden. Die Union würde diese Grenze gerne anheben, die Opposition lehnt das aber ab. Der grüne Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte, "für mehr Transparenz bei den hohen Einkünften braucht es keine Kompensation in den niedrigen Bereichen".

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping forderte, es müsse "vollständige Transparenz über alle Nebeneinkünfte ab dem ersten Euro und alle in Anspruch genommenen Privilegien herrschen". Offene und verdeckte Spenden der Wirtschaft sollten ausgeschlossen werden, forderte Kipping in den "Ruhrnachrichten". "Wo Phantasiehonorare ohne nachvollziehbare Gegenleistung gezahlt werden, ist es kein Wunder, dass der Bestechungsverdacht nahe liegt." (afp/dapd)