Berlin. Der Bundeswirtschaftsminister (FDP) legt sich mit der Bundesarbeitsministerin (CDU) an, weil er in dem Bericht von der Leyens die Forderung nach einer Steuererhöhung für Reiche herausgelesen hat. Das sei nicht abgestimmt - und einer Umverteilung werde er auch nicht zustimmen, so Rösler.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) geht auf Konfrontationskurs zu seiner Kabinettskollegin Ursula von der Leyen (CDU). Rösler verweigere dem Armutsbericht der Arbeits- und Sozialministerin die Zustimmung, weil er darin ein Plädoyer für höhere Steuern sehe, hieß es am Donnerstag in seinem Ministerium. Von der Leyens Haus wies Röslers Einwände zurück und bestritt, dass die Ministerin für höhere Steuern eintrete.

Der Entwurf der Ministerin sei "nicht ressortabgestimmt" und entspreche "daher auch nicht der Meinung der Bundesregierung", heißt es in einer Stellungnahme aus Röslers Ministerium. Forderungen nach "noch mehr Umverteilung" seien für das Ministerium "nicht zustimmungsfähig". Der Widerspruch des Ministeriums gelte vor allem den "Forderungen nach höheren Steuern für die, die den Sozialstaat finanzieren". Das "Handelsblatt" hatte zuerst über Röslers Einwände berichtet.

Sind Steuern oder Spenden gemeint?

Anstoß nimmt Röslers Ministerium vor allem an jener Passage in von der Leyens Entwurf für den Armutsbericht, in der es heißt: "Die Bundesregierung prüft, ob und wie über die Progression in der Einkommensteuer hinaus privater Reichtum für die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann." Das Wirtschaftsministerium wertet dies als Plädoyer für die Einführung höherer Steuern für Besserverdiener.

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Von Christian Kerl

Das Bundessozialministerium wies diese Auslegung allerdings als irreführend zurück. Es gebe in dem Bericht "keinerlei Hinweise auf neue Umverteilungen über das Steuersystem", erklärte das Ministerium. Die Kritik des Wirtschaftsministeriums sei deshalb "absolut konstruiert". Die beanstandete Passage ziele nicht auf Steuererhöhungen ab, sondern auf die Frage, wie Privatvermögen auf freiwilliger Basis verstärkt für Spenden und Stiftungen genutzt werden könne.

Opposition sieht nur eine "Schmierenkomödie"

Dieser vom Ministerium als falsch eingestuften Auslegung folgten offenbar auch Parteikollegen der Sozialministerin. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs warf von der Leyen vor, das Gegenteil der Beschlüsse im Koalitionsvertrag zu verfolgen. "Für Steuererhöhungen kann man nur Linke und SPD gewinnen", sagte er. Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) habe die angeblichen Steuererhöhungspläne als "Linksrhetorik pur" kritisiert.

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Die Opposition warf der Koalition insgesamt eine falsche Sozialpolitik vor. Der Streit zwischen Rösler und von der Leyen sei eine "Schmierenkomödie", die nichts an der sozialen Ungerechtigkeit in Deutschland ändere, kritisierte SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil. Das Land brauche "eine gerechtere Steuerpolitik statt schwarz-gelber Selbstblockade".

Die linke Formel: Rösler = Romney

Die stellvertretende Fraktionschefin der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, verglich Rösler mit dem US-Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney, der mit abfälligen Äußerungen über sozial Schwache viel Kritik ausgelöst hatte. Röslers Äußerungen seien "eine arrogante Entgleisung, die den Anspruch der FDP als Millionärspartei unterstreicht", kritisierte Wagenknecht.

Der Entwurf des Bundesarbeitsministeriums zum Armutsbericht war am Montag in die Ressortabstimmung gegangen. Die reichsten zehn Prozent verfügten demnach im Jahr 2008 über 53 Prozent des in Deutschland vorhandenen Nettogesamtvermögens, während die 50 Prozent der ärmsten Haushalte nur ein Prozent des Vermögens in Besitz halten. (afp)