Düsseldorf. Nach den gewalttätigen Protesten von Muslimen gegen das anti-islamische Schmähvideo wird die salafistische Szene in Nordrhein-Westfalen stärker beobachtet. Ein Verbot, den Film in Deutschland zu zeigen, ist nach Meinung der Politik rechtlich nicht möglich. Wolfgang Bosbach (CDU) fordert es aber.
Die rechtspopulistische Partei "Pro Deutschland" will den islamfeindlichen Film "Die Unschuld der Muslime" an einem Samstag im November in Berlin zeigen. Das sagte der Parteivorsitzende Manfred Rouhs der Nachrichtenagentur dapd am Montag in Berlin. "Pro Deutschland" habe für die Filmvorführung aber "eine Art Lagerhalle in Aussicht". Diese werde genutzt, wenn "es uns nicht gelingt, einen regulären Kinosaal zu bekommen", sagte Rouhs. Er rechne damit, dass sich "viele hundert interessierte Menschen" den Film ansehen wollen.
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach fordert dagegen ein Ausstrahlungsverbot für das Hetz-Video. "In dem Film geht es um eine gezielte Provokation, in der Hoffnung, dass es dann zu Unruhen kommt", sagte Bosbach am Montag dem Bayerischen Rundfunk. "Sowohl die Meinungsfreiheit als auch die Kunstfreiheit gelten nicht schrankenlos", fügte er hinzu. Mit Blick auf Absichten der rechtspopulistischen Partei "Pro Deutschland", warnte der CDU-Politiker: "Wer diesen Film öffentlich aufführt, der schadet dem Ansehen des Landes."
Der Film ist eine "geschmacklose Dämlichkeit" - aber nicht strafbar
Dagegen hatten Politiker von SPD und Grünen zuvor den Anti-Islam-Film zwar ebenfalls scharf kritisiert, ein Verbot jedoch abgelehnt. "Nach dem, was ich gesehen habe, ist der Film eine geschmacklose Dämlichkeit, aber ohne strafbaren Inhalt", sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck der Berliner "tageszeitung" vom Montag. Bloße außenpolitische Rücksichtnahme reiche als Begründung für ein Verbot nicht aus, sagte demselben Blatt auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz.
Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte in der Verbotsdebatte zuvor zur Mäßigung gemahnt. Seit knapp einer Woche gibt es in der muslimischen Welt teils gewalttätige Proteste gegen den in den USA produzierten Amateurfilm "Unschuld der Muslime". Dabei starben mindestens 17 Menschen.
Auch die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum wurde angegriffen und angezündet.
NRW-Innenminister Jäger will salafistische Szene "noch stärker ins Visier" nehmen
Die Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen verschärfen nach den gewalttätigen Protesten von Muslimen gegenden anti-islamischen Schmähfilm derweil ihre Vorsichtsmaßnahmen. Das kündigte Innenminister Ralf Jäger im Gespräch mit dem WDR an. "Wir nehmen die Protagonisten der salafistischen Szene in NRW ab sofort noch stärker ins Visier", sagte der SPD-Politiker.
Die islamfeindliche Hetze der rechtspopulistischen Splitterpartei "Pro Deutschland" rechtfertige in keiner Weise Ausschreitungen gegen deutsche Einrichtungen. "'Pro Deutschland' betreibt geistige Brandstiftung", sagte der Minister. Durch die Ankündigung, den Film in Berlin zeigen zu wollen, würden die Muslime in Deutschland gezielt provoziert und aufgehetzt. Dies dürfe jedoch nicht mit Gewalt beantwortet werden.
Polizeigewerkschaft warnt vor dem "Funken" für eine Explosion
Bei der katholischen Kirche stieß die Ankündigung von "Pro Deutschland" auf scharfe Kritik. Eine solche Filmvorführung wäre eine "inakzeptable und sinnlose Provokation, die letztlich den Frieden und die Christen weltweit gefährdet", sagte Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Die gewaltsame Eskalation in der arabischen Welt erfülle ihn mit Sorge. Christen müssten sich in der arabischen Welt sicher fühlen können. Nur so sei Versöhnung möglich.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lehnt eine Aufführung des Videos entschieden ab. Gefragt sei jetzt die Klugheit aller, sich nicht provozieren zu lassen. Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte "rechtsstaatliche Härte" gegen die Verbreitung des Videos. Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz regte an, zu prüfen, ob der Straftatbestand der Beleidigung religiöser Bekenntnisse erfüllt werde.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte, eine Vorführung des Mohammed-Schmähfilms könne "sehr gefährlich werden". "Auch in Deutschland gebe es "ausgesprochen aggressive Islamisten". Ein kleiner Funke könne gleich eine Explosion an verschiedenen Stellen auslösen. Allerdings zeigte sich Wendt skeptisch, dass es gelingen könnte, eine öffentliche Aufführung des Films zu verhindern, sofern er keine Straftatbestände erfülle.
Proteste wieder aufgeflammt
Seit knapp einer Woche gibt es in der muslimischen Welt teils gewalttätige Proteste gegen den in den USA produzierten Amateurfilm "Unschuld der Muslime". Dabei starben mindestens 17 Menschen. Auch die deutsche Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum wurde angegriffen und angezündet.
Nach einem relativ ruhigen Wochenende sind die Proteste gegen ein islamfeindliches Schmähvideo am Montag in mehreren Ländern wieder aufgeflammt. In Pakistan kam bei Ausschreitungen nach Polizeiangaben mindestens ein Mensch ums Leben. In Indonesien griffen Demonstranten die US-Botschaft an, in Afghanistan kam es vor einem Stützpunkt der US-Streitkräfte zu Zusammenstößen zwischen wütenden Muslimen und der Polizei. (dapd)