Berlin. . Die Partei betritt Neuland und will ihre Mitglieder darüber abstimmen lassen, wer bei der Bundestagswahl 2013 als Spitzenkandidat antreten soll: Claudia Roth, Renate Künast, Katrin Göring-Eckhardt und Jürgen Trittin haben den Hut in den Ring geworfen.

Jetzt also hat die grüne Basis das Wort. Nach dem absehbaren Votum des kleinen Parteitages am Sonntag sollen die knapp 60.000 Mitglieder bis Ende Oktober entscheiden, mit welcher Doppelspitze die Partei in den Bundestagswahlkampf 2013 ziehen wird. Sechs Bewerber sind bekannt, bis zum 16. September sollen weitere Interessenten ihre Kandidatur anmelden können. Wie in den Primaries - also Vorwahlen - im US-Präsidentschaftswahlkampf werden die Kandidaten das Schaulaufen vor der eigenen Anhängerschaft starten. Aber welche Auswahl haben die Parteimitglieder wirklich?

Trittin ist gesetzt, spannend wird der Wettbewerb der Frauen

Beim Personaltableau scheinen die Ergebnisse in Teilen programmiert. Von den drei bislang bekannten männlichen Kandidaten gelten die Kommunalpolitiker Werner Winkler aus Waiblingen und Franz Spitzenberger aus Sonthofen als chancenlos. Als gesetzt wird dagegen der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Jürgen Trittin, gehandelt. Er ist zum Gesicht der Partei in der Öffentlichkeit geworden.

Spannender ist es bei den Frauen: Die Co-Fraktionschefin Renate Künast, Parteichefin Claudia Roth und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt streiten um den Platz neben Trittin. Wer das Rennen macht, ist offen. Eine nach Parteistatuten mögliche reine Frauenspitze wird parteiintern praktisch ausgeschlossen. Und mit neuen, aussichtsreichen Bewerbern über die bislang bekannten sechs Kandidaten hinaus wird nicht gerechnet.

Inhaltliche Unterschiede kaum auszumachen

Bei den Unterschieden zwischen den drei Kandidatinnen wird es schwierig. Inhaltliche Unterschiede sind kaum auszumachen, alle drei stehen hinter den Leitlinien des ökologischen Umbaus der Gesellschaft. "Die Gefahr ist sehr groß, dass das zu einer Schönheitskonkurrenz unter den Frauen wird", sagt eine Spitzengrüne. Eine programmatische Frage sei an die Kandidatinnen nicht geknüpft, auch wenn Roth für den linken Flügel steht sowie Künast und Göring-Eckardt für die Realos.

Hierin liegt auch die eigentliche Gefahr des Vorgehens. "Die Grünen werden viel mehr als andere Parteien wegen ihrer Inhalte gewählt", erklärt der Meinungsforscher und Forsa-Chef Manfred Güllner. Wenn die Kandidatenfrage vor allem eine Machtfrage ist, könne dies Grünen-Wähler abschrecken. "Damit gewinnen sie keine Attraktivität." Zumindest für Roth und Künast scheint das Kräftemessen jedoch unvermeidbar. Sie gehören der Generation 50+ an, und für beide Frauen dürfte die Spitzenkandidatur die letzte Chance sein, in hochrangige Ämter zu kommen oder zu behalten.

Gefahr der Schlammschlacht

In der Partei weiß man um die Gefahr einer Schlammschlacht. Die FDP mit ihrem Sturzflug in Umfragen ist ein warnendes Beispiel. Alle drei Kandidatinnen beteuern, einen fairen Wettbewerb führen zu wollen. Da die inhaltlichen Kontroversen weitgehend fehlen, bleibt abzuwarten, wie sich Roth, Künast und Göring-Eckardt gegeneinander abgrenzen wollen.

Trittin kann egal sein, wer die Siegerin wird, solange die Partei in der öffentlichen Wahrnehmung nicht darunter leidet. Ohnehin ist er jetzt schon der Chef der Doppelspitze. Weder in der Außendarstellung der Partei noch bei der Verdrahtung in der Partei kann ihm eine der drei Frauen das Wasser reichen. Auch in der Öffentlichkeit ist nach Erkenntnissen Güllners die Person neben Trittin irrelevant: "Es ist eigentlich völlig schnuppe, wer neben Trittin in die Doppelspitze kommt und ob überhaupt jemand neben Trittin als Spitzenkandidat auftritt." (rtr)