Am Niederrhein. . Rein meteorologisch könnte die Windenergie gerade am Niederrhein eine große Rolle spielen, Doch Bürgerproteste und ökoligische Bedenken erschweren den massiven Ausbau. Jetzt sollen Energiegenossenschaften dafür sorgen, dass die Niederrheiner direkt vom Bau der Windräder profitieren.

Wer Dieter Ehringfeld aus Isselburg ans Telefon bekommen möchte, muss ein wenig Geduld haben: „Viel zu tun“, sagt der Unternehmer, einst ein Installateur für Haustechnik, heute Installateur für Windkraftanlagen – mehr als 80 dieser Anlagen hat er schon gebaut, 1998 hat er damit angefangen, doch so gewirbelt wie im Moment hat er noch nie.

Windräder sind gerade mächtig im Aufwind. Die Branche erwartet 2012 den Bau neuer Windräder mit einer Leistung von fast 2,5 Gigawatt – die Kapazität zweier Atomkraftwerke, so der Bundesverband Windenergie. Dieter Ehringfeld will gern seinen Beitrag dazu leisten. Er weiß aber auch: Oft gibt’s Gegenwind, noch ehe das Fundament gegossen ist. Dazu muss er gar nicht weit gucken – nur knapp 20 Kilometer weiter südöstlich, im idyllischen Marienthal, wehrt sich eine Bürgerinitiative gegen neue Windräder. „200 Meter große Riesen gehören ins Märchen – und nicht nach Marienthal!“ lässt da ein kleiner Junge auf einer Plakatwand verlauten. Die Bürgerinitiative gegen Windkraft hat mittlerweile knapp 300 Mitglieder – sie wollen die gefürchtete „Verspargelung“ der Landschaft verhindern.

Drei bis vier Prozent Rendite

Für Ehringfeld heißt die Lektion: Nicht gegen die Bürger bauen, sondern mit ihnen. Im eigenen Ort versucht er es gemeinsam mit der Stadtverwaltung. Denn auch die Stadt Isselburg will nachhaltige Energien fördern, sie will aber, dass die Bürger in doppelter Hinsicht davon profitieren können: erstens, indem sie den ökologisch produzierten Strom kaufen, zweitens, in dem sie diesen Strom produzieren.

„Drei bis vier Prozent Rendite sind seriös drin“, ist Ehringfeld überzeugt. Möglich durch das Energieeinspeisungsgesetz, das einen Mindestbetrag pro Kilowattstunde garantiert – auch ohne Zuschuss jedoch kratzt Windenergie an der Grenze zum Marktpreis. Derzeit geht in Isselburg die Gründung der Energie-Genossenschaft vor. Wenn sie rechtlich abgesegnet ist, soll jeder Anteile an der Stromproduktion kaufen können – und neben Dächern mit Solaranlagen sollen dann auch zwei oder drei Windkraftanlagen entstehen – Riesen mit 135 Meter hohen Masten und 92-Meter-Rotoren – 185 Meter hoch kratzt das Rotorblatt in den Himmel – eine „Erntefläche“ von Sportplatzgröße, die drei Megawatt Strom liefern kann – nach durchaus aufwändigen Prüfungen.

Landwirte würden gern mit der Stromernte beginnen

Die laufen gerade in Emmerich. Dort, wo Landwirte und Kirchengemeinde lieber heute als morgen mit der Stromernte beginnen würden, wo der liebe Gott so reichlich Westwind gesät hat, läuft die Suche nach geeigneten Flächen schon einige Zeit, berichtet Bürgermeister Johannes Diks.

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Das gerade eben frei gewordene Kasernengelände? Zu wertvoll, weil verkehrsgünstig. Windräder im Waldgebiet? Mindern den Erholungswert des knappen Grüns. Auf den Weiden zwischen Autobahn und Grenze? Ginge, wenn nicht in den Niederlanden ein Wohngebiet angrenzen würde. Und in den von Heimatmaler Hein Driessen so oft verewigten Feuchtwiesen der Hetter? Landschaftsschutzgebiet! Gar nicht einfach also, ein Gebiet zu finden, wo weder Uferschnepfe noch Zwergnasenfledermaus zum Opfer der Rotorriesen würden.

Das weiß auch Ehringfeld: „Windkraftanlagen gegen den Willen der Bevölkerung zu bauen hat keinen Zweck.“ Deswegen setzt er darauf, dass sich in den nächsten Monaten am Niederrhein die genossenschaftliche Idee verbreitet – ein Windrad, das Geld und Ökostrom für den eigenen Haushalt liefert, wird freundlicher betrachtet als Kraftwerke eines Energiekonzerns. Dabei sind die hier mächtig unterwegs.“ Ehringfeld hat beobachtet: Die Konzerne müssen auf Kundenwunsch grünen Strom liefern und versuchen, auch kleinere Windparks zu übernehmen.

Förderung auf See

Denn der Ausbau der großen Off-Shore-Windparks vor der Küste lässt auf sich warten. Lahme 45 Megawatt kommen von den Rädern auf See – zwei Prozent der neu geschaffenen Windenergie-Kapazität. Doch sollen 2012 insgesamt 7,5 Milliarden in die Förderung auf See investiert werden – denn das scheint die neue Bastion der großen Energiekonzerne zu werden, die im Milliarden-Maßstab agieren. Derzeit aber entstehen die neuen Windräder noch auf dem Land und aus der Hand von Stadtwerken und Genossenschaften. Windräder als Sprösslinge einer Graswurzelbewegung gewissermaßen, in dem die einstigen Konzern-Kunden mit Hilfe von Wind und Sonne selbst zu Energieproduzenten werden. Das könnte sogar für gesellschaftspolitischen Wind sorgen. Aber das ist ein anderes Thema…