Essen. . Vor der Insel Juist soll eines der weltweit größten Kraftwerke auf hoher See entstehen. Das Projekt gerät ins Stocken, womöglich mit Folgen für Stromkunden. Schadenersatzzahlungen in Millionenhöhe könnten an die Verbraucher weitergegeben werden.

Es geht um ein gigantisches Projekt, das auch symbolhaft für die Energiewende steht. Rund 40 Kilometer vor der Nordseeinsel Juist will der Essener Energiekonzern RWE eine der weltweit größten Windkraftanlagen bauen. Eine Gruppe von 162 Windrädern soll eine Leistung von fast 1000 Megawatt erreichen – in etwa so viel wie ein mittelgroßes Atomkraftwerk. Bis zu eine Million Haushalte könnten mit Ökostrom versorgt werden. Doch nun gerät der prestigeträchtige Plan ins Stocken.

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„Unser Projekt Innogy Nordsee 1 wollten wir eigentlich in der zweiten Jahreshälfte auf den Weg bringen. Die endgültige Entscheidung wird sich aber mindestens bis Anfang 2013 verzögern“, sagte Hans Bünting, der neue Chef der zuständigen RWE-Sparte Innogy. Drei Milliarden Euro will RWE in das Großprojekt stecken. Doch jetzt zögert der Konzern, grünes Licht für die Mega-Investition in Sachen Öko-Energie zu geben.

Netzbetreiber haben Probleme, den Anschluss sicherzustellen

Der Ausbau der Windenergie auf hoher See ist von großer Bedeutung für die von der Bundesregierung geplante Energiewende. Die Zeit drängt. Bis zum Jahr 2020 will die Bundesregierung den Anteil von Ökostrom am Verbrauch von derzeit rund 20 auf mindestens 35 Prozent erhöhen. Doch in der Energiebranche wächst die Sorge, dass die ehrgeizigen Ausbaupläne für die Windkraft scheitern könnten. Hintergrund: Stromnetzbetreiber wie der niederländische Konzern Tennet haben Probleme, den Anschluss der Windparks ans Festland sicherzustellen.

Auch ein Großprojekt, an dem mehrere Stadtwerke aus der Region beteiligt sind, ist bereits ins Stocken geraten. Vor der Insel Borkum errichtet das Stadtwerke-Unternehmen Trianel rund 40 Windräder. Ursprünglich sollte der Windpark vor Ende des Jahres ans Netz gehen, doch nun rechnet Trianel mit einer Verzögerung um ein halbes Jahr. Es entstehen zusätzliche Kosten in Millionenhöhe, die womöglich von den 33 beteiligten Stadtwerken getragen werden müssen. Für die Verzögerungen macht Trianel unter anderem den Netzbetreiber Tennet verantwortlich. Doch auch Produktionsengpässe bei Zulieferbetrieben für das Windkraft-Projekt hätten eine Rolle gespielt.

Bundesregierung will handeln

Bisher ist unklar, wer haften muss, wenn Windparks nicht rechtzeitig ans Netz kommen oder die Leitung im Betrieb ausfällt. Trägt dann der Netzbetreiber das Risiko oder der Stromkonzern? Anfang Juli hatten Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) ein Konzept vorgelegt, das die Risiken der Stromindustrie verringern soll. Noch im Sommer wolle das Kabinett einen Gesetzentwurf verabschieden, erklärte das Wirtschaftsministerium am Mittwoch. Ziel der Bundesregierung sei es, schnell Rechtssicherheit zu schaffen.

Im Gegenzug müssen aber die Verbraucher mit Belastungen rechnen. Der Plan sieht vor, dass Netzbetreiber mögliche Schadenersatzzahlungen in Millionenhöhe über den Strompreis an die Kunden weitergeben können.