Damaskus. Bei einem Bombenanschlag auf die syrische Führung sind drei der wichtigsten Stützen von Präsident Baschar al-Assad getötet worden. Jetzt befürchtet die Bevölkerung Racheakte der syrischen Führung. Derweil ringt der UN-Sicherheitsrat weiter um die Verabschiedung einer Resolution zu Syrien.
Nach dem tödlichen Anschlag auf engste Mitarbeiter des syrischen Präsidenten Baschar Assad sind die Truppen des Regimes am Donnerstag erneut mit Waffengewalt gegen Rebellen vorgegangen. Nach Angaben von Aktivisten kam es in mehreren Wohngebieten bei Damaskus zu Gefechten. Vor einer geplanten Abstimmung über eine neue Resolution im Weltsicherheitsrat forderte der britische Premierminister David Cameron Assad zum Rücktritt auf, um einen Bürgerkrieg zu verhindern. Der Leiter der UN-Beaobachter in Syrien, Robert Mood, bezeichnete seine Mission im Land als "sinnlos", so lange es keinen politischen Prozess zur Lösung des Konflikts gebe.
Bei den Kämpfen im Umkreis von Damaskus hätten Rebellen einen Hubschrauber beschädigt und drei Militärfahrzeuge zerstört, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Auch aus anderen Gebieten im Umkreis der Hauptstadt seien neue Gefechte gemeldet worden. Soldaten Assads hätten das Wohngebiet Messa umstellt, zahlreiche Anwohner hätten daraufhin die Flucht ergriffen.
Syrien fürchtet die Rache von Assad nach Anschlag
UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat den Bombenanschlag auf die syrische Militärführung scharf verurteilt. Ban zeigte sich in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung zugleich besorgt über die eskalierende Gewalt in dem Land. Er warf der Armee den Einsatz schwerer Waffen gegen die Zivilbevölkerung vor. Dies geschehe, obwohl die Regierung in Damaskus den Abzug dieser Waffen zugesagt habe.
Ban, der sich gegenwärtig in Peking aufhält, rief die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats auf, wirksame Schritte gegen die zunehmende Gewalt zu unternehmen. Die Zeit dränge. "Das syrische Volk hat zu lange gelitten. Das Blutvergießen muss sofort beendet werden", forderte Ban. Der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant sagte, der Sicherheitsrat werde am Donnerstagmorgen über den von westlichen Staaten unterstützen Resolutionsentwurf seines Landes abstimmen.
Cameron fordert Assad zum Rücktritt auf
Der britische Premierminister David Cameron hat den syrischen Präsidenten Baschar Assad angesichts der eskalierenden Gewalt in Damaskus zum Rücktritt aufgerufen. Für Assad sei nun die Zeit gekommen, "zu gehen" und den Übergang einzuleiten, sagte er am Donnerstag in Kabul. Andernfalls sei ein Bürgerkrieg nicht mehr zu vermeiden. Zudem forderte er Russland und China auf, die neue UN-Resolution nach Kapitel sieben der UN-Charta zu unterstützen, die mit weiteren Sanktionen gegen Damaskus droht und letztlich auch die Anwendung von Gewalt zur Beilegung des Konflikts ermöglichen würde.
In Kabul traf Cameron mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai und dem pakistanischen Ministerpräsidenten Raja Perez Ashraf zu Beratungen über die Sicherheitslage in Afghanistan zusammen.
Schützende Hand Russlands über Assad-Regime
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) drängt nach der erneuten Eskalation der Gewalt in Syrien auf ein geschlossenes Auftreten der Vereinten Nationen. Russland müsse überzeugt werden, nicht länger seine schützende Hand über das Regime des Präsidenten Baschar Assad zu halten, sagte Westerwelle am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin" vor der Abstimmung des UN-Sicherheitsrats über eine neue Syrien-Resolution. Zum schweren Bombenanschlag in Damaskus, bei dem drei hochrangige Vertreter des Regimes getötet wurden, sagte der Außenminister: "Die Gewalt kehrt an den Ausgangsort zurück."
Über Folgen einer gescheiterten Resolution wollte Westerwelle nicht spekulieren. Nach Ablaufen der Beobachtermission in Syrien werde der Bericht des Sondergesandten Kofi Annan angehört und die Vorschläge sorgfältig geprüft.
Anschlag trifft Machtzentrum Syriens
Mit dem Anschlag auf das Gebäude der Nationalen Sicherheit hatte die Revolte in Syrien erstmals seit ihrem Beginn im März 2011 das Machtzentrum um Präsident Baschar al-Assad schwer getroffen. Bei dem Bombenanschlag waren am Mittwoch drei der wichtigsten Stützen von Präsident Baschar al-Assad getötet worden.
Amtlichen Medien zufolge starben Verteidigungsminister Dawud Radschha, Assads Schwager Assef Schaukat und General Hassan Turkmani bei dem Selbstmordanschlag während eines Treffens in Damaskus. Der Innenminister und der Geheimdienstschef seien verletzt worden.
Der UN-Sicherheitsrat verschob eine geplante Abstimmung über eine Syrien-Resolution. Nach dem tödlichen Anschlag auf den innersten Zirkel des syrischen Präsidenten Baschar Assad befürchtet CDU-Außenexperte Ruprecht Polenz eine neue Eskalation der Gewalt. Es sei möglich, dass Assads Streitkräfte nun Racheakte verübten, sagte Polenz am Donnerstag im Deutschlandfunk. Statt einer Deeskalation des Konflikts sehe "jetzt alles danach aus, dass er einem weiteren Höhepunkt entgegentreibt".
In ganz Syrien sind nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch mehr als 200 Menschen getötet worden. Unter den Opfern seien mindestens 124 Zivilisten, teilte die Aktivistengruppe am Donnerstag mit. Für die Hauptstadt Damaskus, die seit fünf Tagen von heftigen Kämpfen erschüttert wird, gab die Beobachtungsstelle die Zahl der Todesopfer mit 38 an. Dabei berücksichtigte sie nach eigenen Angaben nicht die drei Vertreter der syrischen Führung, die am Mittwoch bei einem Selbstmordanschlag in Damaskus getötet worden waren.
Putin und Obama weiter uneins über Syrien-Kurs
Die USA und Russland können ihre grundlegenden Meinungsverschiedenheiten im Syrien-Konflikt weiter nicht überbrücken. In einem Telefonat hätten US-Präsident Barack Obama und sein russischer Kollege Wladimir Putin keine Einigung über das weitere Vorgehen nach der dramatischen Eskalation in Syrien erzielen können, erklärte das US-Präsidialamt am Mittwoch in Washington.
Ungeachtet der weiter bestehenden Differenzen wollten beide Seiten jedoch weiter an einer Lösung arbeiten. Einig seien sich Putin und Obama darin gewesen, dass es gelte, die Gewalt in dem arabischen Land sofort zu stoppen. Die USA beharrten darauf, dass es eine Lösung des Syrien-Konflikts nur über einen Macht-Verzicht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geben könne.
Oppositionelle greifen syrische Botschaft in Kairo an
Mehrere Hundert Anhänger der syrischen Opposition haben am Mittwoch versucht, die Botschaft ihres Heimatlandes in der ägyptischen Hauptstadt Kairo zu stürmen und die grüngestreifte Fahne der Aufständischen zu hissen. Die Sicherheitskräfte feuerten Tränengas in die Menge und drängten die Demonstranten zurück. Bei den Auseinandersetzungen seien 14 Menschen festgenommen worden, sagte ein Vertreter der Sicherheitsbehörden. Kairo ist die Heimatstadt von zahlreichen syrischen Oppositionellen. Im Januar hatte eine Gruppe die syrische Botschaft gestürmt und ein Bild von Präsident Assad Baschar zerstört. Bei einem anderen Angriff steckten Oppositionsanhänger Teile der diplomatischen Vertretung in Brand. (dapd/afp/rtr)