Brüssel. . Unterm Strich 190 Milliarden Euro steuert Deutschland zum neuen Euro-Rettungsfonds bei, wenn dieser denn kommt. Denn noch beraten Parlamente, Gerichte und andere Gremien in mehreren EU-Staaten über die neueste Notlösung zur Krisenlinderung. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warten auf den neuen Euro-Rettungsfonds: Wann der dauerhafte Nottopf (im EU-Jargon: „ESM“) steht, ist unklar. Eigentlich sollte das Hauptinstrument der Europäer im Kampf gegen die Schuldenkrise am 1. Juli einsatzbereit sein. Doch noch laufen die nötigen Prozeduren in Deutschland, Italien und anderen Staaten. Die Europäer müssen sich daher gedulden, bis der 500 Milliarden Euro schwere Nottopf den vorläufigen Rettungsfonds („EFSF“) ablösen kann.

Dieser vorläufige Nottopf wurde im Frühjahr 2010 geschaffen, nachdem die Europäer Griechenland mit Notkrediten vor der Pleite bewahrten. Bisher gewährte er Irland und Portugal Notkredite. Auch die Finanzspritze, die Spanien für seine Bankenbranche braucht, dürfte zunächst aus dem vorläufigen 440-Milliarden-Euro-Nottopf kommen.

Warum brauchen die Europäer einen Rettungsfonds?

Der vorläufige und der dauerhafte Nottopf sind alternative Geldquellen für klamme Staaten des Euro-Währungsraums. Eigentlich borgen sich Länder Geld über die Finanzmärkte – bei Banken, Versicherern, Investment- oder Pensionsfonds. Seit Griechenlands Fast-Pleite hegen Investoren aber verstärkt Zweifel, ob kriselnde Euro-Länder Kredite komplett abstottern. Daher müssen Spanien oder Italien derzeit deutlich höhere Zinsen zahlen, wenn sie Geld leihen.

Werden Kredite längerfristig zu teuer für einen Staat, kann er sich alternativ günstigeres Geld aus dem Euro-Nottopf borgen. Dafür muss er aber Auflagen erfüllen. Diese Bedingungen bestimmen die Europäer mit dem Co-Geldgeber, dem Internationalen Währungsfonds IWF. Irland und Portugal verordneten sie einen Sparkurs, um den Staatshaushalt zu sanieren, sowie Wirtschaftsreformen.

Was kann der dauerhafte Nottopf?

Er kann klammen Staaten Notkredite gewähren. Die Schulden beim Euro-Rettungsfonds erhöhen die Schulden des hilfsbedürftigen Lands. Der Euro-Rettungsfonds kann zudem in Ausnahmefällen staatliche Schuldverschreibungen (Anleihen) kaufen. Das soll den Zinsdruck auf klamme Euro-Staaten mildern.

Welche Zusatz-Aufgaben soll er künftig stemmen?

Spanien und Italien setzten auf dem jüngsten Gipfel der EU-Regierungschefs durch, dass auch Banken eines Staats Notkredite verlangen können. Der Vorteil: So steigen die Schulden des betroffenen Staats nicht.

Deutschland und andere Länder setzten durch, das das nur gegen Reform-Auflagen für die Finanzbranche möglich sein soll. Und dass zuerst eine europäische Bankenaufsicht aufgebaut werden muss, bevor Banken direkt Geld aus dem Nottopf erhalten können. Derzeit erarbeitet die EU-Kommission einem Gesetzesvorschlag, wie diese Aufsicht aussehen soll. Bis die Bankenwächterin errichtet und funktionsfähig ist, dürften Monate vergehen.

Zudem sollen Staaten, die trotz aller Spar- und Reform-Mühen auf Dauer untragbar hohe Zinsen zahlen müssen, Notkredite erhalten können – unter milderen Auflagen.

Woher kommt das Geld für den Nottopf?

Die Euro-Länder zahlen in den nächsten Jahren 80 Milliarden Euro in bar ein. Zudem geben sie dem ESM insgesamt 620 Milliarden Euro Garantien. So ist der Fonds unterm Strich mit 700 Milliarden Euro ausgestattet.

Mit diesem Geld im Rücken dürfte er günstig Geld an den Finanzmärkten leihen können. Insgesamt soll der Rettungsfonds bis zu 500 Milliarden Euro Nothilfe gewähren.

Was steuert Deutschland bei?

Als größter EU- und Euro-Staat schultert Deutschland die meisten Risiken. Zum Kapitalstock steuert die Bundesrepublik in den nächsten Jahren fast 22 Milliarden Euro in bar bei. Zudem gibt sie Garantien von rund 168 Milliarden Euro ab. Unterm Strich macht das 190 Milliarden Euro.

Zugleich bürgt Deutschland für den aktuellen vorläufigen Nottopf EFSF mit 211 Milliarden Euro. Damit beträgt die Gesamtsumme, mit der Deutschland für die zwei Rettungsfonds haftet, 401 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Bund erwartet dieses Jahr etwa 280 Milliarden Euro Einnahmen.