Brüssel. . Deutsche Steuerzahler müssen künftig auch für die Rettung taumelnder Banken in anderen europäischen Staaten bürgen. Möglichst rasch sollen Banken direkt den Euro-Rettungsfonds anzapfen können. Dieser jüngste Beschluss der Regierungschefs sorgt für Aufregung. Das sagen Experten dazu.
„Aus Sicht der Steuerzahler sind die Ängste übertrieben, die jetzt geschürt werden“, sagt Ökonom Ansgar Belke von der Universität Duisburg Essen. Schließlich werde der Rettungsfonds nicht vergrößert. Damit bleibe die Haftung Deutschlands gleich. Deutschland bürgt mit anderen Euro-Ländern für den Euro-Nottopf. So kann sich dieser relativ günstig an den Finanzmärkten Geld borgen und es dann an klamme Staaten oder bedürftige Banken weiter verleihen.
Der Chef des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, sieht das kritisch: „Deutschland hat damit eine Art ökonomischer Gewährträgerhaftung für die maroden Banken Südeuropas übernommen.“ Er glaubt, dass in Südeuropa noch viele Banken Finanzhilfe benötigen werden.
Erhalten Banken künftig einfach so Notkredite?
Nein. Deutschland erreichte, dass Banken Hilfe nur gegen Auflagen bekommen. Vorstellbar sind etwa Reformen der Branche. „Keine Leistung ohne Gegenleistung“, nennt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das.
Noch eine zweite Bedingung für die „direkte Banken-Rekapitalisierung“ muss erfüllt sein: Eine europäische Bankenaufsicht muss errichtet werden.
Warum sollen Banken direkten Zugang zum Nottopf erhalten?
Das setzten Spanien und Italien durch. Der Hintergrund: Spaniens Bankenbranche schwächelt infolge einer geplatzten Immobilienblase. Wegen der Bankenkrise beantragte Spanien jüngst Notkredite für die Branche. Das ist nach den jetzigen Regeln möglich: Kann eine Bank ihren Risikopuffer nicht aus eigener Kraft aufpolstern, kann sie um eine staatliche Finanzspritze bitten. Sieht sich der Staat dazu nicht in der Lage, kann er sich an den Euro-Nottopf wenden.
Spaniens Regierung hatte lang gezaudert. Denn die Notkredit-Aufnahme erhöht den Schuldenstand des Landes. Spanien fürchtet, dass es dann noch teurer wird, sich regulär Geld an den Finanzmärkten zu leihen. Fließen die Notkredite dagegen ohne Umweg über den Staat in die Banken, erhöht das die Staatsschulden nicht.
Wie soll eine Bankenaufsicht im Euro-Raum aussehen?
Das ist noch unklar. Die Staats- und Regierungschefs beschlossen nur, dass die Europäische Zentralbank (EZB) einbezogen werden muss. Die EU-Kommission soll bis Jahresende Vorschläge machen.
Dessen ungeachtet ist eine Diskussion über die Rolle der EZB entbrannt. Denn die oberste Euro-Hüterin ist politisch unabhängig. Sie soll die Inflation im Zaum halten, nicht Banken kontrollieren. Eine Bankenaufsicht jedoch kann nicht unabhängig sein. „Das wäre ein Interessenkonflikt“, sagt Belke.
Die EZB könnte einer neuen Bankenaufsicht aber auch lediglich ihr Wissen zur Verfügung stellen. Bereits jetzt beraten Zentralbank-Experten zum Beispiel die Manager des Euro-Rettungsfonds.
Seit 2011 gibt es bereits eine europäische Bankenaufsicht: die in London ansässige EBA. Ihr Ruf ist jedoch angekratzt. Sie unterzog Europas Banken zwar „Stresstests“, Spaniens Bankenkrise sah sie aber nicht voraus. Laut Experten hat die EBA zu wenig Macht, um weitreichende Änderungen in der Branche durchzusetzen.