Berlin. . Verstoßen Fiskalpakt und Rettungsfonds gegen das Grundgesetz? Kritiker rufen oberstes Gericht an. Die Kläger rechnen aber nicht damit, die europäische Einigung zur Lösung der Finanz- und Schuldenkrise aufhalten zu können.

Nach der Zustimmung im Bundestag zum Fiskalpakt und zum neuen Euro-Rettungsfonds ESM hat einmal mehr das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort: Seit dem Wochenende liegen sechs Verfassungsbeschwerden gegen beide Vertragswerke vor. Wann der ESM, der am Sonntag seine Tätigkeit hätte aufnehmen sollen, wirksam werden kann, steht damit in den Sternen.

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, dessen Fraktion zu den Klägern zählt, sagte, er rechne nicht vor Spätherbst mit einer Entscheidung. Voraussichtlich Mitte Juli wird das Gericht über die Eilanträge befinden, mit denen die Kläger die Ratifizierungsgesetze bis dahin blockieren wollen. Er gehe davon aus, dass die Richter dem Bundespräsidenten verbieten werden, sie zu unterzeichnen, solange die Entscheidung in der Hauptsache noch nicht gefallen ist.

Auch CSU-Mann Gauweiler klagt

Über die weiteren Erfolgsaussichten äußerte sich Gysi indes skeptisch. Im Deutschlandfunk sagte er gestern, das Verfassungsgericht erkläre „sehr ungern“ einen völkerrechtlichen Vertrag für grundgesetzwidrig, „weil das die Außenpolitik einer Regierung beschränkt“. Ähnlich sieht es der CDU-Innenpolitiker und Kritiker des Euro-Rettungskurses Wolfgang Bosbach. Den Richtern seien die politischen Auswirkungen eines strikten Nein bewusst. Deshalb würden „Fiskalpakt und ESM wohl nicht in Bausch und Bogen verworfen“.

Auch interessant

Außer der Linksfraktion haben der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler, eine Gruppe euro-kritischer Professoren, die Initiative „Mehr Demokratie“ im Namen von 12 000 Bürgern sowie zwei Einzelkläger das Gericht angerufen. Sie stützen sich auf frühere Karlsruher Urteile, in denen das Entscheidungsrecht des Bundestags auch in Sachen Euro-Rettung hervorgehoben wird.

Dieses Recht werde, so die Kritiker, ausgehebelt, wenn Deutschland einen dreistelligen Milliardenbetrag an eine demokratisch nicht legitimierte Instanz wie den ESM verpfänden müsse. Auch der Fiskalpakt, mit dem die EU-Staaten sich zu solider Haushaltsführung verpflichten, sei ein unzulässiger Eingriff in die Finanzhoheit des Parlaments.