Brüssel. . Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, macht Vorschläge, wie die seit mehr als zwei Jahren grassierende Euro-Krise eingedämmt werden könnte. Die Französin fordert: nicht kleckern, sondern klotzen.
Nicht kleckern, sondern klotzen in der Eurokrise – das fordert die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, Christine Lagarde, von den Europäern. Mit vielen ihrer Vorschläge, die sie in der Nacht zum Donnerstag in Luxemburg nach einem Treffen der europäischen Finanzminister präsentierte, dürfte Lagarde in Deutschland allerdings auf heftige Gegenwehr stoßen.
Sichtbar keine Probleme mit Lagardes umfassenden Vorstellungen, in welche Richtung sich die Euro-Währungsunion entwickeln muss, hatte ihr Nebensitzer, Jean-Claude Juncker. Der Luxemburger Premierminister leitet die Eurogruppe, die die 17 Euro-Staaten umfasst. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äußerte sich direkt nach dem Eurogruppen-Treffen dagegen nicht.
IWF stemmt einen Teil der Notkredite
Der Internationale Währungsfonds IWF kann ein gewisses Mitsprache-Recht im Krisenkampf der Europäer beanspruchen. Schließlich stemmt er einen Teil der Notkredite für die Euro-Sorgenstaaten Griechenland, Portugal und Irland. Lagarde präsentierte die IWF-Ansichten nur wenige Tage nach dem Druck der weltweit führenden Industriestaaten auf die Europäer beim „G20“-Gipfel in Mexiko.
„Wir sehen deutlich zusätzliche Spannungen und akuten Stress bei Banken und Staaten“, sagt die einstige französische Finanzministerin zur Lage im kriselnden Euro-Währungsraum. Die Europäer müssten daher bekräftigen, dass sie langfristig eine „echte Währungsunion“ anstrebten. Zusätzlich müssten sie kurzfristig etwas tun, damit die Unsicherheit schwinde.
IWF-Chefin Lagarde weiß genau, dass sie mit ihren Vorstellungen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht unbedingt begeistern wird. Zwar öffnet sich Merkel immer mehr für „Mehr Europa“, aber mochte sich - anders als Frankreich - bisher nicht für das teilweise gemeinsame Schuldenmachen erwärmen.
Gemeinsame Schulden
Doch genau dies rät die IWF-Chefin den Europäern – „egal, ob man das Euro-Bonds oder Euro-Bills nennt“, wie Lagarde betont. Noch mit einem anderen Vorschlag dürfte die Französin in Berlin anecken.
Wie die EU-Kommission fordert sie die Europäer auf, eine Bankenunion zu bilden. Dazu gehört nicht nur ein gemeinsame Strategie, wie taumelnde Banken möglichst geräuschlos geschlossen werden könnten, sondern auch eine europäische Einlagensicherung, sprich: eine europäische Garantie für Sparguthaben.
Und noch etwas verlangt Lagarde, was Deutschland bisher ablehnte: Angesichts der spanischen Misere müssten sich klamme europäische Banken baldmöglichst direkt – ohne Umwege über den Staat – an den Euro-Rettungsfonds wenden können, um Notkredite zu erhalten. Spanien, das wohl Anfang nächster Woche um Hilfe für seine erwähnte die IWF-Chefin in diesem Zusammenhang nicht. Sie betonte aber, dass die Europäer die fatale Verbindung von gebeutelten Staaten und strauchelnden Banken durchschlagen müssten.
Spanien braucht anders als Griechenland, Irland und Portugal keine Notkredite für den Staat, sondern „nur“ für die kriselnde Bankenbranche. An den Finanzmärkten sorgte das trotzdem für Aufregung. Spekulationen kursierten, ob nicht auch der spanische Staat, der sich derzeit nur relativ teuer Geld leihen kann, demnächst Notkredite beantragen muss.
„Einfallsreiche Geldpolitik“
Nach all diesen Empfehlungen hörte Lagarde immer noch nicht auf. Sie fordert auch von der – politisch unabhängigen – Europäischen Zentralbank (EZB) eine „kreative und einfallsreiche Geldpolitik“. Lagarde blieb hier aber wohl bewusst vage, wie sie sich ein stärkeres Eingreifen der obersten Euro-Hüterin in die Schuldenkrise vorstellt. Sie sagte lediglich, dass die EZB weiter oder stärker Schuldverschreibungen kriselnder Euro-Staaten kaufen und andere Schritte erwägen könne.
Lagarde befeuert mit den IWF-Vorstellungen der Diskussion um Europas Zukunft. Ende nächster Woche treffen sich dann Kanzlerin Merkel und ihre europäischen Amtskollegen zu einem EU-Gipfel in Brüssel. Er steht – wieder einmal – ganz im Zeichen der Euro-Krise. Die Staats- und Regierungschefs wollen diesmal „Bausteine“ (EU-Jargon) für eine engere europäische Wirtschafrts- und Währungsunion prüfen.