Damaskus. . In Syrien gibt es einen ersten Lichtblick. Russland kündigt an, dem Regime keine weiteren Waffen zu liefern. Nach Monaten zermürbender Hoffnungslosigkeit könnte der Diplomatie doch noch der Durchbruch zu einer Konfliktlösung gelingen.
In Syrien gibt es einen ersten Lichtblick. Russland kündigt an, dem Regime keine weiteren Waffen zu liefern. Nach Monaten zermürbender Hoffnungslosigkeit könnte der Diplomatie doch noch der Durchbruch zu einer Konfliktlösung gelingen.
Kofi Annan sah sich mit seinem Latein schon am Ende. Der frühere Generalsekretär der Vereinten Nationen und Friedensnobelpreisträger gestand das Scheitern seines Friedensplanes für Syrien ein. „Offenkundig haben wir es nicht geschafft“, sagte Annan im Interview mit „Le Monde“. Dann brach er auf in die syrische Hauptstadt, und dort klang der Gesandte gestern nach einem Gespräch mit Staatschef Baschar Assad erheblich zuversichtlicher: Offen und konstruktiv sei es bei der Unterredung zugegangen, berichtete Annan anschließend in Damaskus. „Wir haben eine Herangehensweise vereinbart, über die ich nun mit der Opposition sprechen werde.“
Proteste brutal niedergeschlagen
Die Opposition ist nicht begeistert. Ihr ist es schon ein Dorn im Auge, dass Kofi Annan überhaupt noch mit dem Präsidenten spricht. Der hat mehr als einmal ein Ende der Gewalt gegen das eigene Volk zugesagt, wiederholt einen Dialog mit den Aufständischen in Aussicht gestellt – und weiter jeden Protest brutal niedergeschlagen.
15.000 Tote zählen Menschenrechtler seit dem Beginn des Aufstandes im März 2011, und täglich kommen weitere Opfer hinzu. Die Rebellen drängen die internationale Gemeinschaft zu einer militärischen Intervention. Doch bisher hielt Russland, Veto-Macht im Weltsicherheitsrat, seine schützende Hand über Assad. Die gestern stornierte Lieferung von russischen Kampfjets könnte ein erstes Signal an den Despoten sein. Er muss fürchten, dass der letzte große Verbündete ihn fallen lässt.
Putin hat einiges zu verlieren
Russland verfolgt handfeste wirtschaftliche Interessen. Nicht nur als Waffenlieferant für Syrien, sondern auch mit dem Marinestützpunkt und im Energiemarkt des Landes hat der russische Präsident Wladimir Putin einiges zu verlieren, wenn Assad stürzt. Die Blockade der internationalen Anstrengungen folgt der Devise: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Doch allmählich dämmert es Putin, dass er sein Land tief in die Isolation führt, wenn er das syrische Regime gewähren lässt und die Weltgemeinschaft zum Zuschauen verdammt. Das könnte ihn am Ende noch teurer zu stehen kommen.
Verfeindete religiöse Strömungen ringen um Vorherrschaft
Es ist eine Rechenaufgabe, und davon gibt es viele in dem Konflikt. Das Geflecht von Machtinteressen und wirtschaftlichen Begehrlichkeiten in der Region ist verworren. Die Waffenlieferungen an die Aufständischen, denen die UNO gleichfalls schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorwirft, sind nicht selbstlos. Verfeindete religiöse Strömungen ringen um Vorherrschaft.
Die Konfliktlinie verläuft grob gesehen zwischen Sunniten und Schiiten, hinzu kommen in Syrien Christen und Aleviten. Die sunnitisch geprägten Golfmonarchien stützen die Opposition gegen Assad, während der schiitisch dominierte Iran sein engster Verbündeter in der Region ist.
Annan tut deshalb gut daran, Iran in seine Mission einzubinden, und der Westen ist gut beraten, den Vermittler daran nicht zu hindern. Eine friedliche Konfliktlösung gelingt nur, wenn alle Interessen miteinander in Einklang gebracht werden.