Damaskus. Syriens Staatschef Assad hat in einem ARD-Interview die Schuld für den Bürgerkrieg Terroristen gegeben. Unterstützt würden die “Verbrecherbanden“ von den USA, von Saudi-Arabien, Katar und der Türkei. Nach dem Gespräch stellt sich allerdings die Frage: Darf man Diktatoren überhaupt diese große Bühne bieten?

Der syrische Staatspräsident Baschar al-Assad hat in einem TV-Interview der ARD jede eigene Verantwortung für den Bürgerkrieg in Syrien zurückgewiesen. Schuld an den blutigen Kämpfen und am Tod Tausender Zivilisten hätten allein „Terroristen“, „Banden“ und ausländische Mächte, darunter die USA.

Das Gespräch in Damaskus führte der Publizist Jürgen Todenhöfer. Der frühere Bundestagsabgeordnete und CDU-Rebell hat Krisenregionen wie Afghanistan, Libyen und Syrien bereist und dabei auch immer wieder die Politik des Westens infrage gestellt. Kritiker warfen ihm zuletzt einen zu unkritischen Umgang mit Assad vor.

Assad gibt sich emotionslos und kühl

In dem 20-minütigen Interview zeigte sich der syrische Präsident völlig emotionslos. Im kühlen Plauderton bezeichnete er seine Gegner als „Terroristen“, und „Verbrecherbanden“. Sie seien ein „buntes Durcheinander“, unterstützt von den USA, von Saudi-Arabien, Katar und der Türkei. Selbstkritik ist diesem Staatschef fremd, einen Rücktritt lehnte er ab: „Ein Präsident sollte vor nationalen Herausforderungen nicht davonlaufen.“ Die syrische Bevölkerung, so sagte er, stehe hinter ihrem Präsidenten.

Assad gab sich vor der Kamera so, wie es wohl vorhersehbar war: Kein Wort des Bedauerns über die Opfer der Militär- und Polizeieinsätze, stattdessen der Versuch, praktisch alle Gewalttaten, auch das Massaker von Hula, auf der Seite seiner Gegner zu verorten.

Die Mehrheit der Getöteten seien in Wahrheit Anhänger der Regierung. In vielen Aussagen blieb der Politiker nebulös. Bei der Frage, ob er bereit sei, die Opposition an einer Regierung zu beteiligen, wand sich Assad wie ein Aal und verstrickte sich in wirre Feststellungen: „Man braucht natürlich Kriterien, wie definiert sich Opposition. Da gibt es Zehntausende, Hunderttausende oder Millionen. Können die alle mitmachen?“

Wie befragt man einen Diktator?

Wie beim ZDF-Interview im März von Claus Kleber mit dem iranischen Präsidenten Mahmut Ahmadinedschad drängen sich auch nach diesem Beitrag zwei Fragen auf: Wie befragt man einen Diktator? Und: Darf man Diktatoren überhaupt diese große Bühne bieten? Dass Assad diese Gelegenheit zur Selbstinszenierung nutzen wollte, liegt auf der Hand. Todenhöfer versuchte zwar, die kritische Distanz zu wahren, gab Assad aber dennoch die eine oder andere Steilvorlage. Unter anderem mit naiv anmutenden Fragen, ob der Präsident bereit sei, gegebenenfalls mit Rebellen und Exil-Opositionellen zu reden und zu verhandeln.

Neues war in diesem Gespräch nicht zu erfahren. Die Zuschauer werden allerdings einen Eindruck von der Persönlichkeit Assads gewonnen haben: Der Mann ist auffallend kalt und verweigert sich – bewusst oder unbewusst – der Realität. Aber das war eigentlich auch vorher schon bekannt