Berlin. . Ein neues Gesetz soll das Sorgerecht bei nicht verheirateten Paaren reformieren und die Rechte lediger Väter stärken. Experten sind skeptisch, ob dies auch gelingt.
„Ich bin ein funktionierender Papa“, sagt Fritz Pesch. Was nicht funktioniert, ist das Verhältnis zur Mutter seiner sechsjährigen Tochter. „Sie grenzt mich aus.“ Peschs ehemalige Lebensgefährtin will sich nicht reinreden lassen – weder beim Kindergarten, noch in der Schule. Der 51-Jährige aus Kevelaer hat nie das Sorgerecht beantragt, er will sich nicht auf Kosten des Kindes streiten, „aber irgendwann muss ich die Konsequenzen ziehen.“ Das neue Gesetz könnte ihm helfen. „Ich habe lange darauf gehofft.“
Bislang, so ist es seit 1998 geregelt, können uneheliche Väter nur dann Anteil haben am Sorgerecht für ihre Kinder, wenn die Mutter damit ausdrücklich einverstanden ist. Eine Rechtslage, die das Bundesverfassungsgericht bereits vor knapp zwei Jahren als grundgesetzwidrig verworfen hat. Zuvor schon hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ähnlich geurteilt. Jetzt zieht die Politik die Konsequenzen.
100.000 neue Fälle jährlich
Künftig sollen Familienrichter auf Antrag auch nur eines Elternteils beiden gemeinsam das Sorgerecht zusprechen können, wenn dies „dem Kindeswohl nicht widerspricht“. So steht es in dem am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Entwurf. Auf das Einverständnis der Mutter kommt es nicht mehr allein an. Sie kann allerdings Gründe vortragen, warum aus ihrer Sicht das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl widerspricht, über die der Richter zu befinden hat. Ein Ausweg für den „funktionierenden Papa“ Pesch?
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Sein Fall steht für viele. Bis seine Tochter Alina (Name geändert) fünf Jahre alt war, lief es gut. Das Kind lebte seit der Geburt bei der Mutter, Pesch zahlte Unterhalt, sah seine Tochter regelmäßig, brachte sie in den Kindergarten, ließ sich sogar in den Elternbeirat wählen. Ein Leben wie es hunderttausende getrennt lebende Väter führen. In Deutschland wird heute jedes dritte Kind nichtehelich geboren. Laut dem Verein „Väteraufbruch“ hat aber nur jeder zweite Vater dieser Kinder das Sorgerecht – das sind über 100 000 neue Fälle jährlich.
Viele Väter scheuen den Gerichtsweg
In Fritz Peschs Leben beginnt die Krise mit einem Umzug: Alinas Mutter heiratet einen anderen Mann, lässt sich scheiden, heiratet wieder. Das Kind bekommt jedes Mal einen neuen Nachnamen. Schließlich ziehen Mutter und Tochter 50 Kilometer weit weg. Pesch besucht sein Kind auch jetzt noch. „Doch auf einmal hat sie mir verboten, mit dem Kindergarten Kontakt aufzunehmen.“ Auch die Grundschule für Alina sucht die Mutter allein aus. „Sie ignoriert mich einfach.“ Bereits jetzt könnte Pesch klagen. Seit dem Karlsruher Urteil gibt es eine Übergangsregelung für Väter – bis das Sorgerecht reformiert ist. Doch viele Väter scheuen den Gerichtsweg. „Das kostet Kraft, Geld und ist kontraproduktiv für unser Verhältnis“, sagt Pesch.
Rechtsexperten sehen den Gesetzentwurf kritisch – vor allem die vorgesehene sechswöchige Frist, in der die Mutter nach der Geburt mit Verweis auf das Kindeswohl dem gemeinsamen Sorgerecht noch widersprechen kann. Väterorganisationen wollen nicht so lange warten. Automatisch mit der Anerkennung des Kindes durch den Vater soll feststehen, dass beide Eltern gemeinsam die Verantwortung tragen, verlangen sie.
„Viel Einsatz der Eltern gefragt“
Dagegen sorgt sich die Familienrechtlerin Lore Maria Peschel-Gutzeit um die Mütter: „Die elterliche Sorge verlangt viel Einsatz von beiden Eltern, aber daran fehlt es oft.“ Es sei Frauen nicht zuzumuten, in den ersten sechs Wochen nach der Entbindung weitreichende Entscheidungen über das Sorgerecht zu treffen oder gar gerichtsfeste Gründe gegen den Vater zu formulieren. „Die Verkürzung des Verfahrens verletzt rechtsstaatliche Grundsätze.“ Die Juristin rechnet mit Änderungen am Gesetz.
Nicht so die Justizministerin: In ihrem Haus ist von einem „gelungenen Kompromiss“ die Rede. „Sicherlich, Kompromisse müssen eingegangen werden, unterschiedliche Interessen sind zu berücksichtigen.“ In diesem Sinne hatte auch die Väterlobby mit der Forderung nach dem Automatismus keine Aussicht auf Gehör. Was sei denn, „wenn das Kind aus einer Gewalttat herrührt“? Der Gewalttäter die Vaterschaft anerkennt und ihm daraus das Sorgerecht zuwüchse? Ein Extremfall, gewiss. Ein Gesetzgeber müsse auch damit rechnen. „Es sind sehr komplizierte Sachverhalte“, heißt es. „Man hätte sich sicher auch andere Modelle vorstellen können.“