Düsseldorf. Viele Gefangene in NRWs Justizvollzugsanstalten beklagen sich über schlechte medizinische Versorgung. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht 2011 des Justizvollzugsbeauftragen Michael Walter hervor. Ein weiteres Problem sind mehr als 1000 überbelegte Zellen.
Die Häftlinge in den nordrhein-westfälischen Gefängnissen beschweren sich besonders häufig über ihre Behandlung und die schlechte medizinische Versorgung. Das geht aus dem am Montag in Düsseldorf vorgestellten Tätigkeitsbericht des Justizvollzugsbeauftragten Michael Walter für das Jahr 2011 vor. Demnach beklagten sich im vergangenen Jahr 331 Gefangene bei Walter über ihre Situation.
Allein bei 119 dieser Eingaben spielte die Behandlung eine Rolle, in 48 Fällen ging es um die medizinische Versorgung. "Ein besonderes Problem ist, dass es keine freie Arztwahl gibt", sagte Walter. Die Mediziner im Vollzug seien mitunter etwas skeptisch, was die Symptome der Häftlinge anging. "Die Häftlinge fühlen sich zum Teil nicht ernstgenommen." Walter fügte hinzu, oft spiele auch ein Verlegungswunsch eine Rolle. Dem Bericht zufolge wollten 81 Häftlinge per Eingabe erreichen, dass sie in eine andere Justizvollzugsanstalt kommen.
Weiteres Problem in den Gefängnissen in Nordrhein-Westfalen waren nach Angaben des Justizvollzugsbeauftragten überbelegte Zellen. Demnach gab es 1.187 sogenannte Notgemeinschaften, bei denen eine Zelle mit mehr Häftlingen belegt wird als vorgesehen. "Diese Notgemeinschaften müssen verschwinden", forderte Walter. Es gebe zudem mehrere Anstalten, die erhebliche Probleme bei der Beschäftigung der Gefangenen hätten. Deshalb müsse der Staat mit Eigenbetrieben für mehr Arbeit sorgen.
Gefangene nach Eingaben drangsaliert
Im Jahr 2011 hatten 476 Personen Eingaben an Walter gemacht. Neben den 311 Häftlingen beklagten sich 64 Bedienstete und 101 sonstige Personen wie Angehörige und Ehrenamtliche. Bei den Angestellten sei es beispielsweise um Beförderungen gegangen, sagte der Justizvollzugsbeauftragte. Einige der Häftlinge kritisierten seinen Angaben zufolge auch, dass die Briefe mit ihren Beschwerden geöffnet wurden und sie seitdem unter Repressalien der Justizvollzugsbeamten leiden.
Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) kündigte an, sein Ministerium werde den Tätigkeitsbericht sorgfältig lesen und auswerten. Seinen Angaben zufolge waren im vergangenen Jahr 48.000 Menschen in den 37 NRW-Gefängnissen inhaftiert.
Der Minister hatte den emeritierten Kriminologie- und Strafrechtsprofessor Walter Ende 2010 zum ersten Justizvollzugsbeauftragten des Landes ernannt. Walter übernahm damit die Aufgaben eines Ombudsmannes und unterstützt zudem das Ministerium als unabhängiger Berater. Die am Montag vorgestellte Bilanz war sein erster Tätigkeitsbericht. (dapd)