Heeren/Werve. . Die Ermittlungen um den Suizid eines 19-jährigen Heereners in der U-Haft der Justiz-Vollzugsanstalt Iserlohn im April 2012 werden neu aufgenommen. Der Oberstaatsanwalt erklärte, dass der Vater des 19-Jährigen den Verdacht habe, „dass die Situation seines Sohnes nicht richtig eingeschätzt wurde“.
Die Ermittlungen um den Selbstmord eines 19-jährigen Heereners in der Untersuchungshaft der Justiz-Vollzugsanstalt Iserlohn im April dieses Jahres werden neu aufgenommen. Wie Oberstaatsanwalt Hans-Werner Münker (Hagen) am Mittwoch auf Anfrage erklärte, habe der Vater des 19-Jährigen „den Verdacht geäußert, dass die Situation seines Sohnes nicht richtig eingeschätzt wurde“.
Im Amtsdeutsch: Die Staatsanwaltschaft Hagen prüft nunmehr ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten von Amtsträgern – beginnend bei der Anordnung der U-Haft durch das Amtsgericht Unna bis hin zur Unterbringung in der JVA Iserlohn.
Überfall am 19. April mit U-Haft
Rückblende: Am 19. April sollen ein 16- und ein 19-Jähriger aus Kamen einer 72-jährigen Seniorin im Bereich Krämerstraße die Handtasche gestohlen haben. Tags darauf setzte der Haftrichter im Amtsgericht Unna beide Tatverdächtige fest – sowohl den offenkundig als Haupttäter geltenden und der Polizei bestens bekannten 16-Jährigen aus Kamen als auch seinen Komplizen aus Heeren, obwohl der eher als Mitläufer galt.
Dem Vernehmen nach sei der junge Mann aus Heeren in U-Haft geschickt worden, ohne dass sein Betreuer dazu gehört worden wäre. Was zwar keine rechtlich zwingende Notwendigkeit bei einem Heranwachsenden ist, allerdings durchaus aufschlussreich sein kann bei einem jungen Menschen, der als psychisch instabil galt und dauerhaft mit Medikamenten behandelt wurde. Nach nur drei Tagen U-Haft erhängte er sich mit seinem Hosengürtel in der Einzelzelle.
Keinen Suizid-Hinweis
„Es gab keinerlei Hinweis auf einen Suizid“, so Staatsanwalt Bernd Mars, der die Untersuchungen nach dem Suizid in der Justizvollzugs-Anstalt Iserlohn-Drüplingsen leitet. Und: Von einer psychischen Erkrankung und einer ärztlich verordneten Behandlung mit Psychopharmaka des U-Häftlings sei nichts bekannt gewesen. Vor einer Woche dann die Erklärung von Staatsanwalt Wolfgang Rahmer (Hagen) auf Anfrage unserer Zeitung: „Für uns ist das Verfahren abgeschlossen, es gab keine Anhaltspunkte für Fremdverschulden.“ Neu: Die psychischen Probleme des Heereners seien doch bekannt gewesen, weshalb „der Gefangene viertelstündlich überprüft wurde“.
Nunmehr liegt die Akte bei Oberstaatsanwalt Hans-Werner Münker („Seit gestern.“) auf dem Tisch, weil der Vater des Jugendlichen, der am 20. Mai 20 Jahre alt geworden wäre, den Verdacht habe, „dass die Situation seines Sohnes in der Untersuchungshaft nicht richtig eingeschätzt wurde“.Wichtige Hinweise dafür liefert das so genannte „Aufnahmeersuchen“, das Untersuchungshäftlinge bei ihrer Inhaftierung bei sich führen.
Grundsätzliche Prüfung
Wie auch der 16-jährige Komplize des Heereners, der in der JVA Wuppertal einsitzt. Dort kümmert man sich ganz offensichtlich mit Videoüberwachung und viertelstündlicher Zellüberwachung ungleich intensiver um den Inhaftierten, der in der Szene als „harter Knochen“ gilt und in seinem jungen Alter bereits auf eine beachtliche kriminelle Karriere blickt.
Für Oberstaatsanwalt Münker ist nun „grundsätzlich zu prüfen, ob Gründe für eine U-Haft vorlagen und wenn dann, ob jemand haftfähig ist“. (WR)