Berlin. . Leidenschaftliches Plädoyer der Kanzlerin: Kurz vor der entscheidenden Abstimmung im Bundestag hat Angela Merkel noch einmal um das Ja der Abgeordneten zu Fiskalpakt und Rettungsschirm geworben.
Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer hat Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag um Zustimmung für ihren Kurs im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise geworben. In einer Regierungserklärung appellierte die CDU-Vorsitzende am Freitag an die Abgeordneten, dem Fiskalpakt mit seinen strengen Sparvorgaben mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit zuzustimmen, ebenso wie dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM. Merkel sagte, der Bundestag könne so „das Signal der Geschlossenheit und Entschlossenheit nach innen und nach außen“ geben und das Signal, „dass Europa unsere Zukunft bedeutet“.
Merkel sagte zum Schluss ihrer 20-minutigen Erklärung: „Wir stehen zum Euro. Wir wollen ihn als stabile Währung.“ Deutschland könne mit ihm besser wirtschaften als ohne.
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Zugleich verteidigte die Regierungschefin die Beschlüsse des Brüsseler Gipfels als „gut und vernünftig“. Nach 15-stündigem Ringen hatten sich die Euro-Länder in der Nacht zum Freitag auf eine direkte Bankenhilfe für Spanien und einen bequemeren Zugriff auf den Euro-Rettungsschirm für Italien geeinigt. Damit sollen beide Länder von der Last immer höherer Zinsen befreit werden.
Spanien und Italien hatten Merkel unter Druck gesetzt und zwischenzeitlich mit einem „Nein“ zum 120 Milliarden Euro schweren Wachstumspaket gedroht - das Merkel für die Stimmen der Opposition im Bundestag dringend brauchte. Denn SPD und Grüne hatten ihre Zustimmung zum ESM und zum Fiskalpakt von genau solchen Konjunkturimpulsen abhängig gemacht. Einer breiten Zustimmung am späten Abend stand damit nichts mehr im Wege.
Merkel verteidigt Gipfelbeschlüsse
Merkel sagte, der Fiskalpakt, der den Teilnehmerstaaten strenge Sparvorgaben auferlegt, sei noch vor wenigen Monaten „undenkbar“ gewesen. Doch es habe sich gezeigt, dass eine unverantwortliche Haushaltspolitik einzelner Staaten alle übrigen im Euro-Raum gefährden könne. „Dem muss Einhalt geboten werden“, sagte die Kanzlerin. Der Fiskalpakt mache den Weg hin zu dauerhaft soliden Finanzen unumkehrbar.
Zwischen ESM und Fiskalpakt gebe es eine rechtliche Verknüpfung, nämlich eine „zwischen Solidarität und Solidität“. Beide gehörten inhaltlich zusammen.
Zugleich zeigte sich die Kanzlerin zufrieden, dass demnächst auch eine Finanztransaktionssteuer kommen werde. Bis zum Jahresende solle die Gesetzgebung dazu abgeschlossen sein. Damit werde sichergestellt, dass auch die Banken als Verursacher der Krise einen Beitrag zur Überwindung der Folgen leisten.
Ausdrücklich verteidigte Merkel die Entscheidung des EU-Gipfels zur Rekapitalisierung von Banken wie in Spanien. Hier gebe es harte Auflagen, die mit einem Zeitplan versehen werden. Zugleich werde sichergestellt, dass die EZB zur europäischen Bankenaufsicht werde.
SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Koalition auf, den plakativen Widerstand gegen eine gemeinsame Schuldenhaftung in Europa aufzugeben. Der deutsche Steuerzahler hafte doch längst schon für Milliardenbeträge: So habe die Europäische Zentralbank bereits mehr als eine Billion Euro an direkter und indirekter Staatsfinanzierung geleistet, sagte Gabriel. Für diese „heimlichen Schulden“ hafte auch Deutschland - nur eben nicht mit offenen Euro-Bonds, sondern mit „Merkel-Bonds“.
Zufrieden zeigte sich der SPD-Chef, dass gegen den Widerstand der FDP endlich die Finanztransaktionssteuer komme.
Unruhe im Parlament
Vor der entscheidenden Abstimmung herrschte große Unruhe im Parlament. So zeigten sich am Nachmittag Abgeordnete aller Fraktionen irritiert über die Beschlüsse des EU-Gipfels - diskutiert wurde zwischenzeitlich sogar über eine Verschiebung der Befassung durch den Bundestag. Ein Antrag der Linken dazu wurde jedoch mit breiter Mehrheit aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) musste in einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses Rede und Antwort stehen.
Am späten Abend (Sitzungsbeginn gegen 21.30 Uhr) sollte nach bisherigen Plänen schließlich der Bundesrat abstimmen. Die Linke wollte noch in der Nacht eine Eilklage beim Verfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. (dapd)