Berlin. . Der Bundestag hat der Pflegereform der schwarz-gelben Koalition zugestimmt. Die Reform soll Verbesserungen für Demenzkranke bringen. Außerdem sollen private Zusatzversicherungen einen Zuschuss bekommen. Die Opposition wirft der Regierung Klientelpolitik zugunsten der Versicherungswirtschaft vor.
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen künftig mehr Unterstützung bekommen. Der Bundestag verabschiedete am Freitag die von der schwarz-gelben Koalition geplante Pflegereform. Vorgesehen ist eine Anhebung des Beitragssatzes der Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte und Leistungsverbesserungen vor allem für Demenzkranke.
Zudem sollen private Zusatzversicherungen zukünftig mit monatlich fünf Euro bezuschusst werden. Die Opposition geißelte das Vorhaben als wenig effektiv und "Klientelpolitik". Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) betonte, dass rund 500.000 Demenzkranke künftig erstmals Leistungen bekämen. Insbesondere ambulant betreute Menschen würden deutlich besser unterstützt. Darüber hinaus sollten alternative Wohnformen für Pflegebedürftige, etwa in sogenannten Pflege-WGs, gestärkt und beispielsweise die medizinische Versorgung in Pflegeheimen verbessert werden. 324 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 267 dagegen.
Opposition stört sich an "Klientelpolitik" der Regierung
Die Opposition stört sich vor allem an den geplanten Zuschüssen für Pflegezusatzversicherungen. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner kritisierte die Zulage als "Klientelpolitik". Die schwarz-gelbe Koalition bediene die Interessen der Versicherungswirtschaft. Dies sei der "Einstieg in den Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung" des Gesundheitswesens.
Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, nannte die Bezuschussung der Policen "unsozial und überflüssig". Sollten die Grünen nach der Bundestagswahl in Regierungsverantwortung kommen, werde der "Pflege-Bahr" sofort wieder abgeschafft, unterstrich sie. Das versprochene zusätzliche Geld für Pflegebedürftige wertete sie als leere Worthülsen. Es handele sich lediglich um "minimale Leistungsverbesserungen".
Die Linke-Abgeordnete Kathrin Senger-Schäfer erinnerte daran, dass die schwarz-gelbe Koalition es versäumt habe, mit dem Gesetz den seit langem fälligen neuen Pflegebegriff umzusetzen. Dies sei ein "Armutszeugnis" für die Regierung. Mit dem Pflegebegriff wird aufgeschlüsselt, wie viel Geld die Leistungsempfänger nach dem jeweiligen Grad ihrer Bedürftigkeit bekommen. Gesundheitsexperten halten die Aufschlüsslung für stark reformbedürftig.
Unions-Gesundheitsexperte Spahn weist Kritik zurück
Der Unions-Gesundheitsexperte Jens Spahn verteidigte die Reform gegen die Kritik. Die Argumentation der Opposition sei ein "Schlag ins Gesicht der Menschen", denn durch das Vorhaben werde vor allem auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen eingegangen, sagte der CDU-Politiker. So komme die Regierung etwa dem Wunsch der Betroffenen nach, möglichst lange zu Hause betreut zu werden. Auch der Ausbau in stationären Einrichtungen werde von den Kritikern mit keinem Wort gewürdigt, Verbesserungen würden stattdessen einfach abqualifiziert.
Mit dem Einstieg in die private Pflegevorsorge bereite die Bundesregierung Deutschland auf die Herausforderungen der alternden Gesellschaft vor, sagte Spahn weiter. Bereits heute sind rund 2,4 Millionen Menschen pflegebedürftig. Durch den demografischen Wandel wird die Zahl in den kommenden Jahrzehnten Schätzungen des Gesundheitsministeriums zufolge auf mehr als vier Millionen Menschen steigen. Das Gesetz soll Anfang 2013 in Kraft treten. (dapd)