Berlin. Dem “Bündnis für gute Pflege“ gehen die Pläne der Bundesregierung nicht weit genug. Die Verbände fordern eine grundlegende Verbesserung für Pflegebedürftige und Pflegende. Der Pflegeberuf müsse wieder aufgewertet werden. Der Mindestlohn verstärke lediglich den Trend zur Billigpflege.
Gegen die Pflegepläne der Bundesregierung machen Gewerkschaften, Sozialverbände und Verbraucherschützer mobil. Mit einem am Dienstag gegründeten "Bündnis für gute Pflege" wollen die Verbände Druck auf die Regierung ausüben, um grundlegende Verbesserungen für Pflegebedürftige und Pflegende zu erreichen.
Die Regierungspläne bleiben aus Sicht des Bündnisses weit hinter den Erfordernissen zurück. Dem Bündnis gehören unter anderem der DGB, die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Paritätische, der Sozialverband Deutschland (SoVD) und der Verbraucherzentrale Bundesverband an.
Menschenwürdige Pflege
SoVD-Präsident Adolf Bauer nannte die Lage in der Pflege "Spitz auf Knopf". 2,4 Millionen Menschen seien als pflegebedürftig anerkannt, Schätzungen gingen für 2030 von 3,4 Millionen aus. Die von der Bundesregierung geplante Neuausrichtung der Pflegeversicherung sei "kein großer Wurf", beklagte der Präsident des Sozialverbandes Deutschland, Adolf Bauer. Er kritisierte zudem Verzögerungen bei der Pflegereform: 2011 sei zum "Jahr der Pflege" ausgerufen worden, jetzt solle die Reform Mitte 2012 kommen. "Gute Pflege ist ein Menschenrecht", betonte Bauer. Man werde es der Bundesregierung nicht durchgehen lassen, wenn sie grundlegende Weichenstellungen scheue.
Das Bündnis werde bis zur Bundestagswahl 2013 auf den drängenden Handlungsbedarf und den verhängnisvollen Stillstand hinweisen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach kritisierte, der Anspruch auf eine menschenwürdige Pflege werde heute vielfach nicht erfüllt. Oft sei die Personaldecke zu knapp. Hinzu komme eine schlechte Bezahlung und eine enorme Arbeitsbelastung für die Pflegenden.
Bereitschaft zu höheren Beiträgen
Der Pflegeberuf müsse aufgewertet werden. Dazu sei eine tarifliche Bezahlung notwendig. Die Regierung forciere hingegen mit der Anlehnung an den Mindestlohn den Trend zur Billigpflege. Der Mindestlohn liegt seit Jahresbeginn bei 8,75 Euro je Stunde im Westen und 7,75 Euro im Osten. Buntenbach sagte, dass es in einigen Regionen auch Löhne von 12 bis 13 Euro je Stunde gebe.
AWO-Vorstandsmitglied Brigitte Döcker verwies darauf, dass die Menschen zu höheren Beiträgen bereit seien, wenn eine hochwertige Pflege bei den Bedürftigen auch nachweislich ankomme. Die Bundesregierung plant den Pflegebeitragssatz um 0,1 Prozentpunkte zu erhöhen, was 1,1 Milliarden Euro zusätzlich bringen soll. Die Verbände halten das für unzureichend und forderten ferner, die Einnahmen durch eine Bürgerversicherung und eine höhere Beitragsbemessungsgrenze zu steigern. Das ist jene Einkommensgrenze, bis zu der Beiträge höchstens erhoben werden. In der Pflegeversicherung liegt sie seit Jahresbeginn bei 3.835 Euro Monatsbrutto. Döcker brachte hier die Rentenversicherung ins Gespräch, bei der die Grenze im Westen bei 5.600 Euro und im Osten bei 4.800 Euro liegt. (dapd)