Kairo. . In Ägypten gärt es weiter: Mit einem umstrittenen Spruch lösen Verfassungsrichter das Parlament auf. Das Urteil der Richter macht den wichtigsten Baustein des demokratischen Neubeginns zunichte. Wieder gehen in Kairo Demonstranten auf die Straße.
„Es kann keinen Weg zurück geben beim Übergang zur Demokratie“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. „Wir erwarten eine Übertragung der Macht an eine demokratisch geführte Regierung.“ Das klingt wohlgeordnet, hat aber mit der Realität in Ägypten nichts mehr zu tun.
Seit dem Verfassungsgerichts-Urteil am Donnerstag und vor der Präsidentschaftswahl am Wochenende dominiert Chaos. Die Entscheidung der Richter, das Wahlgesetz für verfassungswidrig zu erklären und das Parlament aufzulösen, macht den bisher wichtigsten Baustein eines demokratischen Neubeginns zunichte.
Erst im Januar hatte der Oberste Militärrat, der seit dem Sturz Mubaraks die Macht ausübt, die Gesetzgebungskompetenz an das neu gewählte Plenum abgetreten, in dem Muslimbrüder und Salafisten eine 70 Prozent-Mehrheit besitzen. Nun fällt die Legislative zurück an die Generäle.
Wie geht es weiter in Ägypten?
Mit der Auflösung des Parlaments ist auch die Verfassungsgebende Versammlung annulliert. Ihre Zusammensetzung muss durch das Parlament bestimmt werden, dessen Beschlüsse alle für nichtig erklärt sind. Es bleibt aber die Möglichkeit, dass der Oberste Militärrat die Zusammensetzung nun per Dekret festlegt. Dann würde in der zweiten Jahreshälfte zunächst die neue Verfassung ausgearbeitet und danach das neue Parlament gewählt.
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des bisherigen Wahlgesetzes bestanden von Anfang an. Nach Auffassung der Richter benachteiligt das Recht individuelle Kandidaten, die sich nicht auf eine Parteiliste stützen können. Mit einem neuen Wahlrecht bekämen säkulare und liberale Kandidaten sowie Bewerber aus den Reihen des alten Regimes viel stärker die Möglichkeit, über Einzelmandate ins neue Plenum einzuziehen. Das nächste Parlament würde dann weniger von den islamistischen Parteiblöcken dominiert sein.