Kairo. Das Verfassungsgericht hat die Parlamentswahlen in Ägypten für teilweise ungültig erklärt. Außerdem entschied das Gericht, dass der ehemalige Regierungschef Schafik bei der Stichwahl um das Präsidentenamt antreten darf. Sein Gegner ist Mohammed Mursi von den Muslimbrüdern.

Das ägyptische Parlament muss nach Angaben des Verfassungsgerichts-Präsidenten aufgelöst werden. Das sei die Konsequenz aus einem Urteil des Gerichts, sagte der Jurist am Donnerstag. Das Verfassungsgericht in Kairo hatte das Gesetz zur ägyptischen Parlamentswahl für teilweise ungültig erklärt. Mehrere Artikel des Wahlgesetzes seien verfassungswidrig, urteilte das Gericht laut der staatlichen Nachrichtenagentur MENA am Donnerstag. Zudem entschied das Gericht, dass der ehemalige Regierungschef Ahmed Schafik zur Stichwahl um das Präsidentenamt am Wochenende antreten kann.

Strittig war hinsichtlich der Parlamentswahl das ursprünglich für unabhängige Kandidaten reservierte Drittel an Sitzen, für das jedoch Mitglieder politischer Parteien antraten. Dadurch erhielt die Partei der Muslimbrüder, die nun die Parlamentsmehrheit stellt, einen Vorteil.

Mit dem Gerichtsurteil wird die gesamte Legitimität des in mehreren Wahlrunden über Monate hinweg gewählten Parlaments in Frage gestellt. Parlamentssprecher Saad al-Katatni hatte jedoch bereits vor dem Urteil darauf hingewiesen, dass fraglich sei, wie das Urteil umzusetzen sei, da es derzeit keine Verfassung in Ägypten gebe. Diese war mit dem Sturz von Ex-Präsident Husni Mubarak im vergangenen Jahr abgeschafft worden.

Ohne Verfassung habe keine Behörde das Recht, das Parlament aufzulösen, erklärte al-Katatni. Eine Möglichkeit seien jedoch Nachwahlen zum Parlament, mit denen die als verfassungswidrig eingestuften Sitze neu vergeben werden könnten.

Schafik darf in Stichwahl antreten

Zudem entschied das Gericht, dass der ehemalige Regierungschef Ahmed Schafik zur Stichwahl um das Präsidentenamt am Wochenende antreten kann. Das Gericht erklärte ein Gesetz für ungültig, wonach hohe Funktionsträger unter Ex-Staatschef Husni Mubarak zehn Jahre lang nicht für öffentliche Ämter kandidieren dürfen. Schafik tritt somit nach der Gerichtsentscheidung in der Stichwahl am Wochenende gegen seinen Konkurrenten von den Muslimbrüdern, Mohammed Mursi, an.

Das Parlament hatte das entsprechende Gesetz im April verabschiedet, und der Militärrat hatte es ratifiziert. Die Wahlkommission entschied jedoch, das Verfassungsgericht mit der Prüfung des Gesetzes zu beauftragen, wodurch es Schafik möglich wurde, bei der Präsidentschaftswahl anzutreten. Schafik war unter dem 2011 gestürzten Mubarak Luftfahrtminister und später sein letzter Regierungschef. Vielen Ägyptern gilt er als "Wendehals".

Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten am Donnerstag rund hundert Menschen gegen Schafik und für die Bestätigung des Gesetzes. "Die Menschen wollen den Ausschluss von Überresten des alten Regimes", riefen die Demonstranten vor dem Gebäude, das von einem Großaufgebot an Sicherheitskräften und Militärpolizisten umstellt war. Sollte Schafik zur Stichwahl zugelassen werden, würden sie erneut zu Protesten auf den Tahrir-Platz ziehen, kündigten die Demonstranten an. (afp)