Kairo. . Es ist die erste freie Präsidenten-Wahl in einem Land des „arabischen Frühlings“: In Ägypten entscheidet sich, wer Nachfolger des gestürzten Hosni Mubarak werden soll. Dabei spielen die Salafisten eine wichtige Rolle.

Zum ersten Mal seit Beginn des Arabischen Frühlings bestimmt ein Volk in freier Wahl seinen neuen Präsidenten: Heute und morgen stimmen die Ägypter über den Nachfolger von Hosni Mubarak ab, der im Krankenhausarrest auf sein Gerichtsurteil wartet. Mit dem Votum der gut 50 Millionen Wahlberechtigten wird Ägypten erneut zum Vorreiter bei der demokratischen Entwicklung in der arabischen Welt.

Im Wahlkampf schenkten sich die insgesamt 13 Kandidaten nichts, doch nirgendwo wurden Wahlveranstaltungen mit Schlägertrupps gesprengt, Kandidaten bedroht oder Helfer eingeschüchtert. Stattdessen gab es volle Säle, mit Großplakaten gepflasterte Innenstädte und ein historisches Fernsehduell zwischen den beiden Bewerbern Ex-Außenminister Amre Moussa und Ex-Muslimbruder Abdel Moneim Abolfotoh.

Innenpolitisch ging es bei den Kampagnen vor allem um soziale Fragen. Fast die Hälfte aller Ägypter ist arm, Schulen und Hochschulen brauchen dringend bessere Lehrpläne, mehr Personal und mehr Geld. Das Gesundheitssystem fällt auseinander, ebenso wie viele Brücken, Straßen und Schienen. Die Devisenreserven sind nahezu aufgebraucht, der Tourismus stagniert und ausländische Investoren bleiben fern.

Vertrauen zurückgewinnen, das hatten sich sämtliche Kandidaten groß auf ihre Fahnen geschrieben. Alle wollen die innere Sicherheit im Land wiederherstellen, wo inzwischen Zehntausende eine Schusswaffe besitzen und die Polizei auf den Straßen kaum noch präsent ist. Außenpolitisch beschäftigt die Bevölkerung vor allem das Verhältnis zum ungeliebten Nachbarn Israel.

Salafisten geben den Ausschlag

Da Ägypten keine große Erfahrung mit Meinungsumfragen hat, sind trotz aller angeblich repräsentativen Erhebungen keine klaren Trends erkennbar. Nur dass einer der 13 Kandidaten bereits in der ersten Runde eine absolute Mehrheit erringen kann, gilt als unwahrscheinlich. Bei der zweiten Runde am 16. und 17. Juni treffen dann möglicherweise ein Bewerber aus dem säkularen Lager, wie Amre Moussa oder Ahmed Shafik, auf einen Gegner aus dem islamistischen Lager, wie Abdel Moneim Abolfotoh oder Mohamed Morsi. Oder aber die beiden Islamisten machen am Ende das Rennen unter sich aus.

Wer letztlich an die Spitze des post-revolutionären Ägyptens rückt, wird zu einem wichtigen Teil von dem Verhalten der Salafisten abhängen, die im Parlament ein Viertel aller Sitze stellen und als einziges größeres politisches Lager keine eigenen Bewerber im Rennen haben. In der ersten Runde diese Woche unterstützen die Salafisten den gemäßigten ehemaligen Muslimbruder Abdel Moneim Abolfotoh, was diesem in einer möglichen Stichwahl gegen einen säkularen Kandidaten zusammen mit den Stimmen der Muslimbrüder zu einem sicheren Sieg verhelfen könnte.

Salafisten könnten Bataillone umdirigieren

Muss dagegen der Kandidat der Muslimbrüder, Mohamed Morsi, in der zweiten Runde gegen einen säkularen Gegner antreten, könnten die Salafisten ihre Bataillone umdirigieren und dem stählern-konservativen Ingenieur zum Sieg verhelfen. Erreichen dagegen die beiden Islamisten Abdel Moneim Abolfotoh und Mohamed Morsi die Endrunde, werden die säkularen Stimmen den Ausschlag geben, während die Salafisten einen beträchtlichen Teil der Stimmenmacht der Muslimbrüder für Morsi aufwiegen.