Washington. Obama lächelt nicht mehr. Der erste schwarze US-Präsident sieht sich fünf Monate vor dem Wahltag in Schwierigkeiten. Konkurrent Romney holt in Umfragen auf und hat volle Wahlkampf-Kassen. Viele Amerikaner sind arm, und die Hoffnung auf bessere Zeiten dürfte wahlentscheidend sein. Eine Analyse.

Die Zeiten, in denen Barack Obama seinen republikanischen Herausforderer insgeheim leise belächelt hat, liegen noch gar nicht so lange zurück. Noch im Frühjahr legte Mitt Romney im unwürdigen Hahnenkampf mit den Konkurrenten aus dem eigenen Lager so manchen Slapstick hin, der an der Eignung des 65-jährigen Multi-Millionärs für das Weiße Haus zweifeln ließ. Der Prozentabstand, den Obama zum früheren Gouverneur von Massachusetts in seriösen Umfragen hielt, war nicht ohne Grund zweistellig. Geschichte. Die Zweifel an Romney bleiben.

Aber Obama lächelt nicht mehr. Der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sieht sich fünf Monate vor dem Wahltag in einer unvorteilhaften Gemengelage, die sein Arbeitsverhältnis mit dem amerikanischen Volk im Herbst beenden könnte. Der Umstand, dass Romney in allen Umfragen weitgehend aufgeschlossen hat, spielt dabei noch die geringste Rolle. Was den Demokraten größte Sorge macht, ist der Dollar-Tsunami, mit dem die Romney tragenden Spenden-Netzwerke ultrakonservativer Milliardäre Obama aus dem Amt spülen wollen.

Hier hat sich eine wichtige Ausgangsposition verändert. 2008 glänzte die Obama-Kampagne mit der effektivsten Graßwurzel-Bewegung aller Zeiten. Zig Millionen Amerikaner spendeten Kleinstbeträge von fünf oder zehn Dollar und betätigten sich kostenlos und begeistert als Sprachrohr für den Mann, der „Hope“ und „Change“, Hoffnung und Wandel, versprochen hatte. Das Alleinstellungsmerkmal gibt es so nicht mehr. Die Republikaner haben sich nicht nur die passgenaue, auf kleinste Wählergruppen zugeschnittene Wahlkampf-Ansprache abgeguckt. Sie haben auch bisher mehr Geld zur Feindbekämpfung losgeeist. Rund 1,6 Milliarden Dollar, mehr als das Doppelte der Obama-Rekordmarke aus 2008, wollen sie in das Unternehmen Weg-mit-ihm investieren. Fernseh-Spots, die den hart gelandeten Überflieger in das denkbar schlechteste Licht rücken werden, sind dabei das erste Mittel der Wahl in der kommenden Schlammschlacht.

Den meisten Amerikanern geht es unter Obama nicht besser

Die verschwenderische finanzielle Feuerkraft ist aber nicht alles. Je näher der 6. November rückt, desto klarer treten die Unwägbarkeiten zutage, mit denen es Obama zu tun hat. Wie stark schlägt die Euro-Krise auf die dümpelnde US-Wirtschaft durch? Steigt die Arbeitslosenquote über die schon heute wiederwahlschädliche Marke von 8,5 Prozent? Ziehen die Israelis im Atom-Streit mit dem Iran doch die militärische Karte? Bleibt Amerika von einem Terroranschlag verschont? Kippt der Oberste Gerichtshof die Gesundheitsreform, die 30 Millionen Bürgern zum ersten Mal eine Krankenversicherung bringen würde? Und: Positionieren sich die mehrheitlich konservativen Elite-Roben auch gegen die von Obama unterstützte gleichgeschlechtliche Ehe? Faktoren, die das Verhalten insbesondere der ständig Zulauf erfahrenden unabhängigen Wähler beeinflussen können. Vor allem hier hat Obama einen schweren Stand, weil er viele ehrgeizige Reformversprechen nicht in die Tat hat umsetzen können. Dass er die Auto-Industrie in Detroit stabilisiert und mit dem Konjunktur-Programm schlimmere Verheerungen am Arbeitsmarkt verhütet hat - der Kredit dafür ist aufgezehrt. Den meisten Amerikanern geht es heute nicht besser als zu Zeiten des unseligen Vorgängers.

George W. Bush hatte das Land gespalten. Obama hat die politischen Gräben zwischen Republikanern und Demokraten, zwischen Reich und Arm, Schwarz und Weiß nicht kleiner gemacht. Entscheidend ist am Ende aber nur ein zentrales Gefühl. Obama oder Romney? Wem trauen die Amerikaner am ehesten zu, die Zukunft wirtschaftlich besser zu machen als die prekäre Gegenwart? Wer die überzeugendste Botschaft überbringen und seine Wählerschichten am besten dafür mobilisieren kann – der gewinnt.