Göttingen. . Die Linke wählt am Samstag eine neue Führungsspitze. Vor der Wahl warnte Linken-Chef Klaus Ernst vor dem Auseinanderbrechen seiner Partei. „Wir haben Zerfallserscheinungen in unserer Partei“, stellte er fest. Ernst räumte auch eigene Fehler ein.
Linken-Chef Klaus Ernst hat vor der geplanten Wahl einer neuen Führungsspitze ein düsteres Bild seiner Partei gezeichnet. Mit Blick auf die seit Monaten anhaltenden Personalquerelen sagte er am Samstag auf dem Wahlparteitag in Göttingen: „Es gibt Zerfallserscheinungen in unserer Partei.“ Es sei nicht gelungen, ein starkes Zentrum der Partei aufzubauen. „Momentan driftet der Laden auseinander.“ Im Westen sei die Partei „krachend“ aus den Landtagen geflogen, auch „im Osten bröckeln unsere Umfragewerte“, rief der Parteivorsitzende den Delegierten zu.
Auf dem Parteitag soll am Samstagabend eine neue Führungsspitze gewählt werden. Dabei werden mehrere Kampfabstimmungen erwartet. Bewerber sind unter anderem Fraktionsvize Dietmar Bartsch und der von der Parteilinken unterstützte baden-württembergische Landeschef Bernd Riexinger. Zudem bewirbt sich die stellvertretende Parteichefin Katja Kipping vom Reformerflügel gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Katharina Schwabedissen um eine weibliche Doppelspitze. Als möglich gilt zudem, dass auch Parteivize Sahra Wagenknecht antritt.
Ernst wünscht sich Lafontaines Unterstützung
Ernst kritisierte mit Blick auf die Suche nach einer neuen Parteispitze vor allem den Umgang mit Ex-Parteichef Oskar Lafontaine, der zunächst erneut für den Parteivorsitz kandidieren wollte, seine Bereitschaft dann aber zurückzog. Er habe sich „ganz besonders gefreut“ über die Bereitschaft Lafontaines, noch einmal Verantwortung zu übernehmen. Er wünsche sich, dass dieser die Partei trotz allem bei künftigen Wahlen unterstütze, sagte Ernst.
Ernst warnte in seiner emotionalen Rede ausdrücklich vor einer Spaltung der Partei, in der die mehrheitlich reformorientierten Landesverbände im Osten mit den radikaleren Kräften im Westen streiten. Die Partei habe bei den erfolgreichen Wahlen von 2005 und 2009 den Wählern versprochen, eine gemeinsame Linke zu organisieren. „Wenn wir jetzt auseinanderrennen, machen wir einen Wahlbetrug, und den dürfen wir uns keineswegs leisten.“ Wenn die Partei scheitere, „müssen wir uns schämen bei unseren Wählern“. Die Zukunft der Partei liege nur im Zusammenhalt.
Eigene Kandidatur offen gelassen
Ernst räumte angesichts der Personalquerelen sowie den Debatten um Kommunismus und Mauerbau innerhalb der Partei auch eigene Fehler ein und warb für einen fairen Umgang mit der künftigen Parteispitze. „Wenn mit der alten Führung genauso umgegangen wird wie mit der alten, werden wir wieder ein Problem haben.“
Ernst dankte ausdrücklich seinen Mitarbeitern, erklärte aber erneut nicht eindeutig, ob er bei der Wahl am Abend noch einmal antreten will. Die Mehrheitsverhältnisse auf dem Parteitag sind knapp. Die mehrheitlich reformorientierten ostdeutschen Landesverbände stellen 272 der 550 Delegierten, die radikaleren westlichen 228. Hinzu kommen 50 Delegierte verschiedener Arbeitsgemeinschaften. (afp)