Berlin. . Nach ihrem Rauswurf aus dem NRW-Landtag wird die Führungsdebatte bei den Linken lebhafter denn je geführt. Am Wochenende will die Partei eine neue Doppelspitze wählen. Alle Infos zu Kandidaten, Regeln zur Besetzung des Vorstandes und Hintergründe zum Machtkampf finden Sie hier.
Seit Wochen tobt der Flügel-Machtkampf, der nun völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Ex-Parteichef Lothar Bisky spricht von einer Super-Horror-Show und Linken-Fraktionschef Gregor Gysi rechnet mit dem Schlimmsten. Er befürchtet, dass sich die Linke spaltet. An diesem Wochenende will die zerstrittene Partei eine neue Parteiführung wählen. Wer am Ende die Doppelspitze bilden wird, ist offen.
Wer sind die Hauptdarsteller im Machtkampf?
Fraktionsvize Dietmar Bartsch, der den Reformerflügel aus dem Osten vertritt und Ex-Parteichef Oskar Lafontaine, der für linken Flügel aus dem Westen steht. Deren Verhältnis gilt als schwer belastet bis zerrüttet. Lafontaine wollte sich nach monatelangem Zaudern um den Parteivorsitz bewerben, aber nur, wenn Bartsch seine Kandidatur zurückzieht. Weil sich dieser weigerte, revidierte der Saarländer sein Angebot. Das hat die Kluft zwischen „Bartschisten“ und „Lafontainisten“ noch einmal vergrößert.
Was steckt hinter dem Machtkampf?
Strategische Konflikte. Die Reformer aus dem Osten sind das Mitregieren inzwischen gewöhnt. Sie werfen den Landesverbänden aus dem Westen vor, die Linke in der Opposition einzumauern und sich zu sehr an der SPD abzuarbeiten. Die wiederum befürchten, sich als bessere SPD überflüssig zu machen.
Wie muss der Parteivorsitz besetzt sein?
Laut Statut muss mindestens eine Frau an der Doppelspitze stehen. Nach guter Sitte sollte das Duo beide Flügel der Partei abdecken. Eine Person soll aus den alten und eine aus den neuen Ländern kommen.
Wer kandidiert um den Parteivorsitz?
Vier Frauen, sechs Männer. Realistische Chancen haben Fraktionsvize Dietmar Bartsch, NRW-Landeschefin Katharina Schwabedissen, die stellvertretende Parteivorsitzende Katja Kipping, die Fraktionschefin der Hamburger Linken, Dora Heyenn und Bernd Riexinger, Mitglied im Landesvorstand von Baden-Württemberg.
Welche Konstellationen sind denkbar?
Heyenn und Bartsch wären eine Möglichkeit. Alternativ könnten Riexinger und Kipping Parteichefs werden. Dazu aber müsste Kipping sich erst bereit erklären. Eigentlich will sie ein Führungsduo mit Schwabedissen bilden und eine Art dritten Weg gehen, der Lagerdenken in der Partei überwindet.
Warum droht ein taktischer Wahlkrimi?
Weil die Parteivorsitzenden nicht gleichzeitig gewählt werden, sondern erst die Kandidatin von der Frauenliste. Der linke Flügel dürfte also auf Kipping setzen, die aus den neuen Bundesländern ist. Damit würde sie wohl den Weg für Bartsch als zweiten Ostdeutschen versperren. Die Reformer aus den neuen Ländern werden wiederum auf Heyenn setzen, um den Gewerkschafter Riexinger auszubremsen und Bartsch im Rennen zu halten.
Was wird aus Sahra Wagenknecht?
Sie ist die große unbekannte Variable am Wochenende. Wagenknecht würde zwar das Duo Kipping/Riexinger mittragen. Sollten sich die beiden nicht durchsetzen, könnte es auch sein, dass die Lafontaine-Lebensgefährtin doch noch für den Parteivorsitz kandidiert, um Bartsch auszubremsen.
Zerbricht die Linke nach dem Wochenende?
Das ist eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Möglich wäre das, wenn eine Parteiführung gewählt wird, von der sich einer der großen Parteiflügel überhaupt nicht repräsentiert fühlt.