Berlin. Der Bundespräsident hatte sich von seinem Amtsvorgänger distanziert und betont: Die Musilime gehörten zu Deutschland - über den Islam müsse man diskutieren. Da sorgt natürlich für Widerspruch - etwa beim Grünen-Chef Özdemir und für Beifall, inzwischen auch vom Zentralrat der Muslime.

Die Äußerungen von Bundespräsident Joachim Gauck zum Islam stoßen in Deutschland auf ein geteiltes Echo. Grünen-Parteichef Cem Özdemir reagierte mit Unverständnis auf die Bemerkung des Staatsoberhauptes. Lob kam dagegen vom Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl (CSU) lobte die Worte des Bundespräsidenten, mit denen er sich von einer Äußerung seines Amtsvorgängers Christian Wulff indirekt distanzierte.

Wulff hatte mit seiner Bemerkung, der Islam gehöre zu Deutschland, eine hitzige Debatte ausgelöst und Widerspruch geerntet. Gauck sagte der Wochenzeitung "Die Zeit", Wulff habe die Bürger auffordern wollen, sich der Wirklichkeit zu öffnen. Und die sehe so aus, "dass in diesem Lande viele Muslime leben". Gauck, der evangelischer Theologe ist, betonte: "Ich hätte einfach gesagt, die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland." Der Bundespräsident sagte weiter, er könne allerdings auch diejenigen verstehen, die fragten: "Wo hat denn der Islam dieses Europa geprägt, hat er die Aufklärung erlebt, gar eine Reformation? (...) Ich bin hoch gespannt auf den theologischen Diskurs innerhalb eines europäischen Islams."

Migranten habe auch ihre Religion mitgebracht

Özdemir betonte in den, er könne die Differenzierung zwischen Islam und gläubigen Muslimen nicht nachvollziehen. "Wenn der Bundespräsident erklärt, dass Muslime, die hier leben, zu Deutschland gehören, dann gehört natürlich auch ihr Islam zu Deutschland." Seit den 1960er Jahren seien Muslime nach Deutschland eingewandert und neben ihren Sprachen und ihrer Kultur hätten sie auch ihre Religion mitgebracht. Bereits der heutige Bundesfinanzminister und damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe daher 2006 mit gutem Grund festgestellt, dass der Islam ein Teil Deutschlands sei, sagte Özdemir.

Mazyek lobte Gauck dagegen. "Der Bundespräsident bricht nicht mit bisherigen Vorstellungen, sondern führt die begonnene Debatte als kluger Moderator fort. Der erneute Erregungs-Remix über die jüngste Äußerung ist nur hinderlich", sagte Mazyek. Er widersprach Medienberichten, wonach er Gauck "Geschichtsfälschung" vorgeworfen habe. Gauck habe sich nicht von der Einschätzung Wulffs distanziert, der Islam gehöre zu Deutschland.

"Abendland steht auf muslimisch-morgenländischen Beinen"

Allerdings hatte Mazyek Gaucks Bemerkung zu Islam und Reformen in Europa kritisiert. "Das europäische Abendland steht ganz klar auch auf muslimisch-morgenländischen Beinen", sagte Mazyek. "Wer das leugnet, betreibt Geschichtsfälschung."

Der Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hatte am Donnerstag gemahnt, die Wortwahl des Staatsoberhaupts nicht überzubewerten. Indirekt habe Gauck gesagt, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Nur weil er nicht exakt die Wortwahl seines Vorgängers übernehme, sei dies keine Abkehr von dessen Position.

Der CSU-Politiker Uhl lobte die Äußerung Gaucks ebenfalls. "Ich halte das, was Herr Gauck gesagt hat, für sehr klug. Nicht der Islam gehört zu Deutschland, sondern die Muslime, die hier auf Dauer leben", sagte er. Es gehe um die Menschen. "Der Islam bleibt für uns eine fremde Religion, dennoch sind die Muslime herzlich willkommen." (dapd)