Jerusalem.. Bundespräsident besucht für vier Tage Israel als erstes außereuropäisches Land und erhält dafür von den Israelis viel Lob. Politiker des Landes loben die „Tiefe und Innigkeit“ der Beziehung zwischen Israel und Deutschland.

Manchmal überrascht es, wie beliebt deutsche Politiker in Israel sind. So gehört Bundeskanzlerin Angela Merkel laut Umfragen im Judenstaat zu den angesehensten Auslandspolitikern der Welt. Doch Bundespräsident Joachim Gauck gelang es bereits beim Antritt seiner viertägigen Reise nach Israel und die palästinensischen Gebiete, die Erwartungen seiner Gastgeber zu übertreffen. Nach nur wenigen Stunden hatte Gauck Israels Medien für sich gewonnen.

Dabei gehören Visiten deutscher Spitzenpolitiker hier längst zur Normalität. Sie sind Teil der Beziehungen die, von Israels Mittelmeerküste aus betrachtet, weitaus entspannter und „normaler“ bewertet werden als von Deutschland aus. Während laut Umfragen 59 Prozent der Deutschen eine negative Meinung über Israel haben, ist das Image Deutschlands vor Ort fast durchgängig positiv. Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner Israels: 2011 betrug das Handelsvolumen 6,5 Milliarden US Dollar. Berlin ist eines der beliebtesten Reiseziele junger Israelis, Kulturveranstaltungen des Goethe Instituts und Aufführungen deutscher Theater erfreuen sich zahlreicher Besucher.

So war die Berichterstattung im Vorfeld höchst positiv. Die Tageszeitung Jerusalem Post bemerkte, Gauck habe Fingerspitzengefühl gezeigt, als er kurzfristig ein Treffen mit den Hinterbliebenen des Massakers an israelischen Sportlern bei den Olympischen Spielen in München 1972 in sein Programm aufnahm. Vor dem Hintergrund des Beschlusses des olympischen Ausschusses, bei den Spielen in London keine Gedenkminute einzuhalten, zeigte das den Israelis, dass Gauck ihre Anliegen versteht.

Irans Atomprogramm bereitet Gauck Sorgen

Auch seine Aussagen bei seinem Treffen mit Israels Staatspräsident Schimon Peres fanden in den Medien Widerhall: Irans Nuklearprogramm erfülle ihn mit großer Sorge, sagte Gauck, und spiegelte damit die öffentliche Meinung in Israel wider. „Es stellt angesichts der Äußerungen der iranischen Staatsführung nicht nur eine konkrete Gefahr für Israel, sondern auch für die Region und für uns in Europa dar“, sagte Gauck und zitierte damit fast wörtlich Israels Regierungssprecher. Auch in der Frage des Gedichts von Günther Grass, das in Israel Entrüstung ausgelöst hatte, identifizierte sich Gauck in einem Interview mit der Tageszeitung Haaretz mit der Position seiner Gastgeber: Er stimme auf keiner Weise dem Inhalt des Gedichts zu, das Israel der Kriegstreiberei bezichtigte.

Gaucks erster Tag war einem Besuch der Holocaustgedenkstätte Jad Vashem gewidmet. Dennoch überschattet die Geschichte, die den Präsidenten beim Besuch in der Ausstellung sichtlich erschütterte, die Beziehungen schon lange nicht mehr: „Wir freuen uns sehr auf Gaucks Besuch“, sagt Mark Regev, Sprecher des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu, unserer Zeitung. Man sei geehrt von Gaucks Beschluss, Israel als erstes Ziel außerhalb Europas anzusteuern. „Die Tiefe und Innigkeit der bilateralen Beziehungen zeigen der Welt, was Versöhnung wirklich bedeutet. Wir vergessen die Geschichte nicht, aber wir haben die Fähigkeit, gemeinsam in die Zukunft zu blicken“, sagt Regev.

Wenn Israelis in die Zukunft blicken, dann sehen sie, besonders angesichts der Unruhen in der arabischen Welt, in erster Linie existenzielle Gefahren. Aus diesem Grund wurde die Entscheidung von Bundeskanzlerin Merkel, Israel neue U-Boote zu liefern, um einen iranischen Atomschlags entgegnen zu können, hoch angerechnet, sagt Regev.

Symbolische Bedeutung

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten zwischen Merkel und Netanjahu, dessen andauernder Siedlungsbau die Kanzlerin zu öffentlicher Kritik an Israel bewegt hat, wird Deutschland weiterhin als verlässlicher Verbündeter wahrgenommen. Gauck äußerte Verständnis für Israels Sorgen – ein Standpunkt, den man in Jerusalem sonst nur selten vernimmt.

Der Besuch Gaucks hat aus israelischer Sicht weniger praktische, dafür aber große „symbolische Bedeutung“, sagt Jigal Palmor, Sprecher des israelischen Außenministeriums. „Er wird die guten Beziehungen zwischen unseren Staaten hervorheben.“ In den Grundfragen, so Palmor, „sind Deutschland und Israel sich einig.“