Essen. . Dramatische Zahlen belasten auch den Katholikentag in Mannheim. Die Schließung des Seminars im Ruhrbistum gilt als Alarmsignal. Für das Ruhrbistum bedeutet die Entwicklung: Noch lesen 294 Priester sonntags die Messe, 2020 werden es, so die Prognosen, nur noch 210 sein; im Jahr 2030 nur 124.

Der Priestermangel in der katholischen Kirche verschärft sich dramatisch. Männer, die Priester werden wollen, sind extreme Ausnahmen geworden. Im Ruhrbistum hat das jetzt weitreichende Folgen: Bischof Franz-Josef Overbeck schließt das Priesterseminar in Bochum – und dies kurz vor dem heute beginnenden Katholikentag in Mannheim. Die fünf Priesterkandidaten, die noch in Bochum leben, müssen in Münster weiter studieren. Ein tiefer Einschnitt für das Bistum.

Für Martin Bukies hat dies Konsequenzen. Der 23-jährige Priesterkandidat kommt gerade von einem Auslands-Semester in London, davor er war er ein halbes Jahr in Wien an der Uni. Doch statt nach Hause kommt er in eine ungewisse Zukunft. Dennoch: Er kann die Gründe für die Entscheidung nachvollziehen: „Grundsätzlich ist es richtig, den Standort hier aufzugeben.“ Weil die Priesterkandidaten nicht nur zusammen studieren, sondern im Seminar auch in einer Gemeinschaft zusammenleben. Und die sei mit nur fünf Leuten in den 57 Zimmern viel zu wenig.

Das sieht auch Jürgen Schmidt, der Leiter des Priesterseminars, so. „Es ist für viele hier eine schmerzhafte Entscheidung, auch weil jedem deutlich bewusst wird, wie es um den Nachwuchs steht.“

Nachwuchs-Probleme

Die Zahlen zeigen, was er meint: 1994 wollten noch 42 junge Männer Priester werden, jetzt leben in Bochum noch fünf Männer. Und die Nachwuchs-Probleme beschränken sich beileibe nicht auf das Ruhrbistum. 2001 etwa bereiteten sich bundesweit 1104 Männer auf den Dienst in den Gemeinden vor, 2011 waren es noch 764.

Fürs Ruhrbistum heißt das: Priester verzweifelt gesucht. Noch lesen 294 Priester sonntags die Messe. 2020 werden es, so die Prognosen, nur noch 210 sein; im Jahr 2030 nur 124. „Bei unseren Schätzungen gehen wir davon aus, dass pro Jahr ein neuer Priester geweiht wird“, erklärt Klaus Pfeffer, Personaldezernent.

Unklare Zukunft

Keine guten Aussichten für die Gemeinden. Denn Zusammenlegungen haben sie ja schon hinter sich. So wurden gerade von knapp 300 Kirchengebäuden 96 aufgegeben, aus 259 Pfarreien wurden 43 Groß-Pfarreien. Wie soll es also weitergehen? Gemeindereferenten und –innen, Pastoralreferenten sollen Verantwortung mit übernehmen, Gemeinden auch eigene Vorstellungen entwickeln. Pfeffer: „Wir wollen, dass es ein Umdenken gibt.“ Viele Katholiken agierten noch nach der Devise, alles Bestehende zu erhalten.

Unklar ist die Zukunft nicht nur für die fünf Bochumer Priesterkandidaten. Der Umzug berührt auch die Katholische Fakultät an der Uni. Nicht den Studien-Ablauf, der gehe für die noch immer 760 Theologie-Studentinnen und Studenten weiter wie bisher, sagt der Dekan der Fakultät, Christian Frevel. Lehrer, pastorale Mitarbeiter und Priester, die nicht zur Diözese gehörten, würden weiter ausgebildet. Auch die Forschung bliebe unberührt. Aber langfristig könnte es anders aussehen.

Ohne Priesterausbildung

Denn bisher ist es hierzulande ungewöhnlich, wenn nicht gar einmalig, dass eine Katholisch-Theologische Fakultät ohne Priesterausbildung besteht. Und weil das den Staats-Kirchen-Vertrag zwischen Rom und dem Land Nordrhein-Westfalen berührt, muss neu verhandelt werden.

Frevel sieht den Fachbereich in guter Position. Schließlich nehme er in internationalen Rankings einen Spitzenplatz ein. Und die Fakultät verstehe dies als Chance, die Theologie weiterzuentwickeln.