Paris. Beobachter waren überrascht, dass der liberal-konservative Politiker Francois Bayrou sich auf die Seite des Herausforderers Hollande stellt. Es ist ein Rückschlag für Sarkozy, der in den Umfragen weiterhin vor dem aktuellen Präsidenten liegt. Bayrou kritisierte Sarkozys Linie als brutal.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat in seinem Kampf um die Wiederwahl einen herben Rückschlag hinnehmen müssen. Der liberal-konservative Politiker Francois Bayrou stellte sich am Donnerstag auf die Seite von Sarkozys Herausforderer, dem Sozialisten Francois Hollande.

Trotz wachsender Differenzen über Sarkozys Rechtsruck im Wahlkampf hatten Beobachter überwiegend mit einer Empfehlung Bayrous für den Amtsinhaber gerechnet, die beide grundsätzlich im selben politischen Lager beheimatet sind. Doch Bayrou übte heftige Kritik an Sarkozys verschärftem Kurs in der Einwanderer- sowie Europa-Politik und kündigte an, selbst in der Stichwahl für Hollande zu stimmen. Sarkozys Linie sei brutal und widerspreche nicht nur seinen Werten, sagte Bayrou.

Luft für Sarkozy wird immer dünner

Bayrou, der seit Jahren vehement für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik eintritt, war selbst zum dritten Mal als Präsidentschaftskandidat angetreten. Bei der ersten Runde der Wahl kam er mit neun Prozent aber nur auf Platz fünf und schied damit aus.

Mit Bayrous Entscheidung für Hollande wird die Luft für Sarkozy nun immer dünner. Um den in Umfragen führenden Hollande in der zweiten Wahlrunde am Sonntag doch noch zu übertrumpfen, müsste Sarkozy eine praktisch unmögliche Gratwanderung gelingen: Er müsste nicht nur den Großteil von Bayrous Wählerschaft der ersten Runde überzeugen, sondern auch mehr als 80 Prozent der Wähler der rechtsextremen Marine Le Pen für sich gewinnen. Auch Le Pen verweigerte Sarkozy die Wahlempfehlung.

Umfragen sehen Hollande vorne

Am Dienstag hatte es Sarkozy abgelehnt, Bayrou im Falle seiner Wiederwahl nicht das Amt des Ministerpräsidenten anzubieten. Bayrou vertrete eine Minderheit, begründete Sarkozy die Entscheidung. In dem erbitterten Fernsehduell am Mittwoch konnte der 57-jährige Amtsinhaber nicht den entscheidenden Punkt setzen. Allerdings wecken immer mehr Umfragen Zweifel an einem glatten Durchmarsch des gleichaltrigen Hollande.

Zwei am Donnerstag veröffentlichte Befragungen von Harris Interactive einerseits und CSA andererseits zeigten, dass Sarkozy aufgeholt hat: Bei beiden liegt Hollande nur noch mit 53 Prozent in Führung - ein Minus von zwei Prozentpunkten im Vergleich zu Ende April. Ein Plus von zwei Punkten erzielte Sarkozy, der nun auf 47 Prozent kommt. In einer halb vor und halb nach dem TV-Duell durchgeführten Umfrage von OpinionWay lag Hollande bereits mit einer Zustimmung von 52,5 Prozent nur noch fünf Punkte vor Sarkozy. (rtr)