Berlin. Die Islamkonferenz in Berlin sollte sich am Donnerstag in erster Linie mit der Rolle muslimischer Frauen beschäftigen. Am Rande ging es dann aber doch wieder um die Salafisten. Diese seien unter Muslimen in Deutschland nicht mehrheitsfähig, lobte Bundesinnenminister Friedrich. Volker Kauder zog derweil scharfe Kritik auf sich.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat auf der Deutschen Islamkonferenz klar gemacht, dass er unter den Muslimen in Deutschland keinen breiten Rückhalt für die radikalislamischen Salafisten sieht. "Wir sind uns alle einig, dass salafistischer Extremismus nicht akzeptabel ist (...)", sagte der CSU-Politiker nach Angaben seines Ministeriums am Donnerstag in Berlin. Radikale Salafisten seien unter Muslimen in Deutschland nicht mehrheitsfähig. "Diese Botschaft geht auch von der Deutschen Islamkonferenz aus", erklärte Friedrich. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte erneut, auch die muslimischen Verbände müssten sich von Salafisten distanzieren.

Die Salafisten machen zurzeit durch die Verteilung von Koranen und Drohungen gegen kritische Journalisten von sich reden. Die Sicherheitsbehörden schätzen ihre Zahl in Deutschland auf etwa 4000. Sie verüben nach Einschätzung von Sicherheitsexperten keine Anschläge, bereiten dafür aber den geistigen Nährboden.

NRW-Innenminister Jäger geht von 500 Salafisten in NRW aus

NRW-Innenminister Ralf Jäger geht von etwa 500 Salafisten in Nordrhein-Westfalen aus. Einige von ihnen versuchten, ihre Ideologie mit Gewalt durchzusetzen, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag dem WDR. Der Salafismus sei "die gefährlichste und am raschsten wachsende Strömung innerhalb des radikalen Islamismus". Die Sicherheitsbehörden hätten die Salafisten "fest im Blick".

Jäger riet angesichts der umstrittenen Koran-Verteilaktion der Salafisten in deutschen Städten zu "etwas mehr Gelassenheit". Dennoch müsse man wachsam bleiben, wenn es darum gehe, dass eine extremistische Ideologie verbreitet werde. "Da sollten wir dann einschreiten", sagte Jäger.

Kauder: "Islam gehört nicht zu Deutschland"

Im Mittelpunkt der diesjährigen Islamkonferenz sollten Geschlechtergerechtigkeit und die Arbeitsmarktchancen von Muslimen stehen. Friedrich begrüßte zum Auftakt der Konferenz die gemeinsame Erklärung gegen häusliche Gewalt und Zwangsverheiratung als "ein wichtiges Signal". Erstmals hätten sich Muslime unterschiedlicher Herkunft und Religiosität mit Vertretern des Staates auf einen Text verständigt, "der in der Ächtung dieser Praktiken unmissverständlich ist".

Für scharfe Kritik aus der SPD sorgte der Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder. Der CDU-Politiker grenzte sich in einem Interview der "Passauer Neuen Presse" erneut von der Aussage des einstigen Bundespräsidenten Christian Wulff ab, der Islam gehöre inzwischen zu Deutschland. "Der Islam ist nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland und gehört somit nicht zu Deutschland", sagte Kauder. Muslime gehörten aber sehr wohl dazu: "Sie genießen selbstverständlich als Staatsbürger die vollen Rechte, ganz klar."

Grünen-Chefin Claudia Roth hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) für seine Äußerung, wonach der Islam nicht zu Deutschland gehöre, massiv kritisiert. „Volker Kauders Ausfälle gegenüber Muslimen in Deutschland sind beschämend und kaum zu ertragen“, sagte Roth der WAZ-Mediengruppe. „Nach den Erfahrungen, die Muslime mit dem deutschen Staat im Zuge der Ermittlungen der NSU-Morde machen mussten, sendet Kauder ihnen nun endgültig ein Signal der Ausgrenzung“, sagte Roth weiter. Mit seinen Einlassungen, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, „nimmt Herr Kauder Millionen hier lebenden Menschen jetzt auch noch ihre Heimat weg und bürgert sie praktisch aus.“

Kritik an Kauders Aussagen

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, kritisierte Kauder daraufhin als "letzten Kreuzritter der Union". Der CDU/CSU-Fraktionschef lege "einen Sprengsatz in die Islamkonferenz". Kauder sorge für "eine Abwertung und Ausgrenzung aller Muslime in Deutschland".

Die Islamkonferenz, die 2006 vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erstmals einberufen wurde, soll als Forum zwischen dem Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen fungieren.

Teilnehmer sind Vertreter islamischer Verbände, wie die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) und der Verband Islamischer Kulturzentren sowie planmäßig zehn muslimische Einzelpersonen. Auf Regierungsseite nehmen Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen teil - unter anderen Innenminister Friedrich und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU).

Kritiker monieren, dass die islamischen Verbände kaum die Mehrheit der Muslime in Deutschland repräsentieren könnten. Wichtige Dachorganisationen wie der Zentralrat der Muslime und der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland sitzen nicht mit am Tisch. (rtr/dapd)