Berlin. . Das kostenlose Verteilen von Koranen hat Rufe nach konsequenterer Überwachung der dafür veranwortlichen Salafisten in Deutschland hervorgerufen. Die Deutschen Polizeigewerkschaft plädiert für eine „harte Hand des Staates“. Der Initiator der Aktion, Ibrahim Abou-Nagie, drohte Andersgläubigen: “Christen und Juden kommen in die Hölle, wenn sie den Islam nicht annehmen.“

Begleitet von wachsender Besorgnis haben fundamentalistische Muslime am Wochenende in deutschen Städten kostenlos Exemplare des Koran verteilt. Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), fordert in der "Bild"-Zeitung eine „harte Hand des Staates“ gegen die Salafisten, die hinter der umstrittenen Aktion stehen. "Wenn die Aktivisten auf die Straße gehen, muss ihnen klar sein: Jeder Schritt, den sie tun, wird überwacht. Und sobald sie eine rechtliche Grenze überschreiten, müssen sie die Faust des Staates im Nacken spüren." Weiter erklärte er dem Blatt, der Staat könne nicht dulden, dass "Salafisten im Namen der Religionsfreiheit für extremistische Ziele werben und Journalisten an ihrer Berichterstattung hindern."

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, warnte vor einer Unterschätzung des Gefahrenpotenzials der Salafisten. Beleg für die radikalen Tendenzen sei der Anschlag auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen im vergangenen Jahr, sagte Ziercke der "Welt am Sonntag". "Ich bin der Meinung, dass eine stärkere Aufklärung über die wahren Absichten der Salafisten notwendig ist", forderte er. Dann ließen sich auch Straftaten früher erkennen.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger hat die Aktion als Provokation bezeichnet. Andere Religionen und die Sicherheitsbehörden sollten durch die Aktion der Salafisten herausgefordert werden, sagte der SPD-Politiker am Montag im Deutschlandfunk.

Die Verteilung von Koran-Exemplaren sei an sich unbedenklich. "Nichtsdestotrotz darf man diese Aktion nicht unterschätzen", da mit ihr für die menschenverachtende Ideologie der Salafisten geworben werde, sagte Jäger. Er gehe von etwa 500 Anhängern der Gruppe in Nordrhein-Westfalen aus, einige davon seien gewaltbereit. Die Behörden behielten die Salafisten auch weiterhin "fest im Blick".

Salafisten wollen umstrittene Koran-Aktion fortsetzen

Die radikalislamischen Salafisten wollen ihre umstrittene Koranverteilung fortsetzen und haben tolerante Muslime als Verräter beschimpft. Der Initiator der Aktion, Ibrahim Abou-Nagie, drohte Andersgläubigen in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Christen und Juden kommen in die Hölle, wenn sie den Islam nicht annehmen." Muslime, die die Religion der Deutschen als gleichwertig bezeichneten, nannte er Verräter. Er kündigte an, die Verteilung des heiligen Buchs der Muslime an Passanten solle fortgesetzt werden. Der Verfassungsschutz vermutete, die mehrere 100.000 Euro teure Aktion werde aus dem arabischen Ausland finanziert.

In mehreren deutschen Großstädten hatten Vertreter der salafistischen Organisation "Die wahre Religion" am Wochenende Stände aufgebaut und Koran-Exemplare verteilt. Zu Zwischenfällen kam es nach Angaben der Polizei nicht. Vereinzelt wurde auch gegen die Aktion protestiert. Die Salafisten propagieren ein fundamentalistisches, andere Religionen diskriminierendes Islamverständnis. Der Verfassungsschutz beobachtet die Organisation, weil in der Vergangenheit islamistische Extremisten mehrfach Berührungspunkte mit den Salafisten hatten.

"Denen verspricht Allah die Hölle"

Die muslimischen Kritiker der Salafisten seien Heuchler, erklärte Abou-Nagie. "Denen verspricht Allah die Hölle." Auch auf der Internet-Seite gab sich seine Organisation unversöhnlich. Dort heißt es unter anderem über die Andersgläubigen, die als "Kufar" bezeichnet werden: "Bis zum Tage des jüngsten Gerichts wird es den Widerstreit zwischen dem Guten und dem Bösen, der Wahrheit und dem Falschen geben und die Kufar werden sich stets mit all ihrem Hab- und Gut dafür einsetzen, die Wahrheit, die Religion Allahs, des Erhabenen, zu bekämpfen und zu diffamieren."

Der Verfassungsschutz vermutet ausländische Geldgeber hinter der Koran-Aktion. "Ich gehe davon aus, dass es externe Geldgeber gibt", sagte der Chef der Landesverfassungsschutzes in Niedersachsen, Hans-Werner Wargel, dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Nach dem Bericht haben die Salafisten 300.000 Euro vorab an die Ulmer Druckerei überwiesen, die 300.000 Korane für die Organisation druckte. Der Verfassungsschutz vermute die Geldgeber in Saudi-Arabien oder Katar, schrieb das Magazin. Es gebe Erkenntnisse, dass bereits in der Vergangenheit Geld von der Arabischen Halbinsel an das salafistische Netzwerk in Deutschland überwiesen worden sei.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, warnte, das eigentliche Ziel der Salafisten sei der gewaltsame Kampf gegen "Ungläubige". "Die Verteilung des Korans darf nicht als Deckmantel zur Rechtfertigung von Gewalt benutzt werden", forderte er. Die Aktionen der Salafisten müssten intensiv überwacht werden.

Der Innenexperte der CDU, Wolfgang Bosbach, verlangte von den Behörden, genau zu prüfen, ob durch die Aktion die öffentliche Sicherheit gefährdet werde und deswegen die Verteilung der Korane verboten werden müsse. Die kommende Woche tagende Deutsche Islamkonferenz forderte Bosbach in der "Passauer Neuen Presse" auf, die Koran-Aktion scharf zu verurteilen. (we/dapd/rtr)