Berlin. . Der Staat konnte 2011 Rekordeinnahmen verbuchen – sagt das Statistische Bundesamt. Während Rekordabgaben die Löhne auffressen, sitzen die Sozialkassen auf Milliarden. Doch das wird sich rasch ändern.
Von den zuletzt ganz ansehnlich gestiegenen Löhnen profitiert vor allem einer: der Staat. Zu diesem Ergebnis kommt er selbst – in der jüngsten Analyse des Statistischen Bundesamtes. Demnach zahlten die Beschäftigten 2011 durchschnittlich 9943 Euro in die Sozialkassen und an den Fiskus, gut 550 Euro mehr als im Jahr zuvor und so viel wie noch nie. Der um die Teuerungsrate bereinigte Nettoverdienst ging sogar um durchschnittlich 16 Euro auf 17 650 Euro zurück. Die Lohnerhöhungen sind durch steigende Abgaben vollständig aufgezehrt worden.
Der Aufschwung und die sinkende Arbeitslosigkeit haben die Staatskassen prall gefüllt. Die Sozialkassen haben 2011 einen Überschuss von fast 14 Milliarden Euro erzielt, die Finanzämter im Vergleich zu 2010 rund zwölf Milliarden Euro mehr Lohnsteuern kassiert. Die seit Wochen laufende Debatte, ob die Krankenkassen ihre Überschüsse den Bürgern zurückzahlen sollten, ließe sich damit auf den gesamten Staat ausdehnen. Wie voll die Kassen sind und ob sie voll bleiben – ein Überblick:
Das Finanzamt:
Jeder Arbeitnehmer zahlte rechnerisch im vergangenen Jahr 300 Euro mehr Steuern als im Jahr davor. Da mit steigenden Einkünften auch der jeweilige Steuertarif höher wird, frisst die sogenannte kalte Progression einen Teil der Lohnerhöhungen von durchschnittlich 3,3 Prozent wieder auf.
Der Fiskus kassierte 2011 knapp 140 Milliarden Euro an Lohnsteuern. Doch im Gegensatz zu den Sozialkassen sind die öffentlichen Haushalte weit davon entfernt, Überschüsse zu erzielen. Allein der Bund musste trotz sprudelnder Einnahmen auch 2011 noch 17,3 Milliarden Euro Neuschulden aufnehmen.
Die Rentenkasse:
Die Rentenversicherung nahm 4,4 Milliarden Euro mehr ein als an Altersbezügen ausbezahlt wurde. Kurzfristig reagiert die Politik: Im Wahljahr 2013 werden die Rentenbeiträge aller Voraussicht nach von 19,6 auf 19,2 Prozent gesenkt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sparen also je 0,2 Prozentpunkte. Das macht bei einem Bruttoverdienst von 2000 Euro im Monat auf das Jahr gerechnet 48 Euro aus.
Die Hoffnung auf eine dauerhaft gefüllte Rentenkasse ist angesichts der alternden Gesellschaft aber trügerisch. Schon in den nächsten Jahren wird sich das Blatt wenden, weil weniger Beitragszahler mehr Rentner finanzieren müssen. Die Prognosen der Bundesregierung sehen für das Jahr 2020 zwar noch einen Satz von unter 20 Prozent vor. Bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts wird er jedoch auf 22 Prozent ansteigen – trotz der längst beschlossenen Absenkung des Rentenniveaus.
Die Kranken- und Pflegeversicherung:
Die gesetzliche Krankenversicherung erwirtschaftete ein Plus von 9,3 Milliarden Euro. Grund ist nicht nur der Aufschwung – die Regierung hatte die Kassenbeiträge Anfang 2011 um 0,6 Punkte auf 15,5 Prozent erhöht.
Nach Aussage der Kassen werden die Überschüsse rasch wieder aufgebraucht sein, weil die Ausgaben wieder steigen. Sie wollen die Überschüsse deshalb lieber für schlechtere Zeiten zurücklegen.
Selbst die in normalen Jahren notorisch klamme Pflegekasse schrieb 2011 schwarze Zahlen, doch bereits dieses Jahr werden neue Defizite erwartet. Weil künftig mehr Geld an Demenzkranke fließen soll, wird der Beitrag 2013 um 0,1 Punkte auf 2,05 Prozent erhöht. Langfristig wird die Pflege zwangsläufig teurer: Die Zahl der Bedürftigen von 2,5 Millionen wird Prognosen zufolge um das Jahr 2020 auf über drei Millionen steigen.
Die Arbeitslosenkasse:
Als einzige Sozialkasse weist die Bundesagentur für Arbeit sogar ein leichtes Minus von 100 Millionen Euro aus. Der Beitrag von 3,0 Prozent steht derzeit nicht zur Debatte. Langfristig dürfte er eher sinken als steigen, wenn die Zahl der Arbeitslosen weiter sinkt.