Berlin. 300 Euro mehr Lohnsteuer mussten die Bundesbürger durchschnittlich mehr zahlen als im Vorjahr. Auch insgesamt nahm die Abgabenlast für die Bürger deutlich zu. Denn auch für Renten- und Pflegeversicherung mussten sie tiefer in die Tasche greifen. Nun sollen Entlastungen greifen.
Die Abzüge durch Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge sind im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie seit 17 Jahren nicht mehr. Zugleich waren die Sozialkassen im vergangenen Jahr gut gefüllt, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht, die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Demnach verzeichneten die Sozialversicherungen 2011 ein Plus von 13,8 Milliarden Euro. Das waren 10,9 Milliarden Euro mehr als 2010.
Insgesamt 9.943 Euro zahlte ein Durchschnittsverdiener im vergangenen Jahr an Staat und Sozialkassen - so viel wie nie zuvor. 2010 beliefen sich die Abzüge noch auf 9.390 Euro. Damit sind die Ausgaben für Steuern und Sozialabgaben um 553 Euro im Jahr und damit 5,9 Prozent gestiegen. Dies ist der stärkste Anstieg seit 1995.
Lohnsteuer nahm besonders stark zu
Besonders stark nahm demnach die Lohnsteuer zu. Im Schnitt kassierte der Staat 300 Euro mehr als im Vorjahr. Der durchschnittliche Nettorealverdienst lag dadurch mit 17.650 Euro sogar niedriger als im Jahr 2010 (17.666 Euro).
Besonders gut gefüllt waren im vergangenen Jahr die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung. Im vergangenen Jahr seien die Einnahmen um 5,5 Prozent auf 190 Milliarden Euro gestiegen, teilten die Statistiker mit. Zugleich seien die Ausgaben nicht im gleichen Maße gewachsen, nämlich um 2,2 Prozent auf 180,4 Milliarden. Insgesamt ergab sich ein Plus von 9,3 Milliarden Euro, das die Statistiker vor allem auf Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds, also auf Beitragseinnahmen zurückführen.
Rentenversicherung und Pflegeversicherung nehmen deutlich mehr ein
Anfang 2011 waren gleich zwei Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die noch der frühere Gesundheitsminister Philipp Rösler auf den Weg gebracht hatte: Das Arzneimittelsparpaket sowie die Gesundheitsreform 2011, mit der der Beitragssatz von 14,9 auf 15,5 Prozent erhöht wurde - für Arbeitnehmer und Arbeitgeber um je 0,3 Prozentpunkte.
Die Rentenversicherung verbuchte im vergangenen Jahr ein Plus von 4,4 Milliarden Euro, in der Pflegeversicherung summierte sich der Überschuss auf 300 Millionen Euro. In der Arbeitslosenversicherung ergab sich hingegen ein Defizit von 100 Millionen Euro. Insgesamt lagen die Einnahmen der Sozialversicherungen im vergangenen Jahr bei 526,1 Milliarden Euro, 2,1 Prozent mehr als noch 2010.
Handwerkspräsident verlangt mehr Netto vom Brutto
Das Arbeitsministerium verwies darauf, dass die durchschnittlichen Bruttolöhne der abhängig Beschäftigten 2011 um rund 3,3 Prozent zugenommen hätten. Infolgedessen sei auch die Lohnsteuer merkbar gestiegen, was durch Progressionseffekte verstärkt worden sei. Die Beitragssätze seien für die Arbeitnehmer um 0,4 Prozentpunkte gestiegen.
Handwerkspräsident Otto Kentzler verlangte gerade für kleinere und mittlere Einkommen mehr Netto vom Brutto. "Bei den jetzt steigenden Löhnen und Gehältern muss der Staat endlich mit Maßnahmen gegen die kalte Progression dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer tatsächlich von den Einkommenssteigerungen profitieren, und nicht nur das Steuersäckel", sagte Kentzler der Nachrichtenagentur dapd. Er setze darauf, dass die entsprechende Initiative der Bundesregierung nicht am Bundesrat scheitern werde.
Für das laufende Jahr rechnet das Arbeitsministerium allerdings ohnehin wieder mit einer Entlastung, da die Beitragssätze für die Rentenversicherung zu Jahresbeginn um 0,3 Prozentpunkte gesenkt wurden. (dapd)