Essen. 95 Prozent der Minijobber in deutschen Haushalten – von der Putzfrau bis zur Kinderbetreuung - arbeiten schwarz. Zwar meldet die Minijob-Zentrale in Bochum einen Anstieg der angemeldeten geringfügig Beschäftigten in Privathaushalten auf 234.000; dagegen stehen aber geschätzte 4,5 Millionen Haushalte, die Hilfen beschäftigen.
Rund 4,5 Millionen Haushalte in Deutschland beschäftigen Haushaltshilfen, sagt das Institut der deutschen Wirtschaft – nur etwa fünf Prozent tun das legal. Lediglich für rund 234.000 geringfügig Beschäftigte bezahlen die Arbeitgeber Sozialabgaben. Das seien immerhin 5,4 Prozent mehr angemeldete Haushaltshilfen als vor einem Jahr, rechnet die Minijob-Zentrale in Bochum. Dennoch heißt die Zahl auch: 95 Prozent der Minijobber in deutschen Haushalten – von der Putzfrau über die Kinderbetreuung bis zum Gärtner - arbeiten schwarz.
Die Gründe auf Arbeitnehmer-Seite scheinen offensichtlich: Wer Sozialleistungen empfängt, muss schwarz verdientes Zubrot nicht mit den Bezügen verrechnen lassen. Und: Viele Haushaltshilfen wollen vom oft geringen Lohn nichts abführen. „Brutto für netto ist ein Anreiz“, das weiß selbstverständlich auch Anja Huth, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Huth betont aber auch: „Es ist für jeden Arbeitnehmer riskant, weil er unversichert arbeitet.“
Das Risiko für den Arbeitgeber wirkt überschaubar
Das Risiko für den Arbeitgeber wirkt überschaubar. Zwar wird laut Paragraph 266a des Strafgesetzbuches, „mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, „wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (...) vorenthält“; aber Privathaushalte, die eine Putzfrau oder eine Kinderbetreuung beschäftigen, „sind nicht unsere Zielgruppe“, sagt Klaus Salzsieder, Sprecher der Bundesfinanzdirekton West beim Zoll, der für die Fahndung nach Schwarzarbeit zuständigen Behörde.
Dass private Haushalte für den Zoll nicht die Zielgruppe sind, liege einerseits daran, dass „es für uns natürlich interessanter ist, eine Baustelle mit 200 Bauarbeitern zu kontrollieren als eine Wohnung mit einer Putzfrau“, erklärt Salzsieder; „wir müssen unsere Ressourcen vernünftig einsetzen.“ Hinzu kommt, dass private Wohnungen durch das Grundgesetz geschützt sind und Fahnder für eine Durchsuchung – im Gegensatz zu einer Baustelle – einen richterlichen Beschluss brauchen. Nichtsdestotrotz müssten Arbeitgeber in Privathaushalten, wenn sie erwischt werden, die Sozialabgaben nachzahlen und mit einem Strafverfahren rechnen, stellt Salzsieder klar: „Das ist Sozialbetrug.“
Steuervergünstigungen fürs Anmelden der Putzfrau
Wenn Millionen von Menschen ihre Haushaltshilfen nicht anmelden – woher weiß man, wie viele es gibt? Die Zahl von rund 4,5 Millionen Haushalten mit schwarz arbeitenden Hilfen hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln 2009 hochgerechnet; die Daten stammten aus einer repräsentativen Befragung von etwa 20.000 Haushalten, sagt Dominik H. Enste vom IW. Weder die Bundesagentur für Arbeit noch der Zoll nennen eine solche Dunkelziffer; es gebe „keine belastbaren Zahlen“, sagt Zoll-Sprecher Salzsieder.
Neben der Vorstellung, dass es weniger koste, sieht Enste auch noch weitere Gründe, warum nicht mehr Arbeitgeber die Mini-Jobberinnen und Mini-Jobber anmelden: „In Ballungszentren ist es schwer jemanden zu finden, der es legal machen will.“ Zwar gebe es Agenturen, die Haushaltshilfen vermittelten, doch dann müssten in der Regel „weit mehr als 20 Euro“ pro Stunde gezahlt werden. Einen weiteren Grund sieht der Wirtschaftswissenschaftler in „einer Mentalitiätsfrage: Man will die Putzfrau nicht weiter bezahlen, wenn sie krank ist“.
Enste erklärt aber auch, dass es sich finanziell durchaus lohne, Haushaltshilfen anzumelden; schließlich gebe es dafür steuerliche Vergünstigungen. Die Minijob-Zentrale in Bochum bietet dafür sogar einen Rechner an: Wer zum Beispiel eingibt, dass er 80 Euro im Monat bezahlt, kann sehen, dass 11,55 Euro an Abgaben dazukämen, wenn die Putzfrau oder der Gärtner legal arbeiteten – und dass im Gegenzug Steuervergünstigungen in Höhe von 18,31 Euro geltend gemacht werden könnten. Wer eine geringfügig beschäftigte Haushaltshilfe anmelden möchte, kann das mit dem „Haushaltsscheck-Verfahren“ bei der Minijob-Zentrale tun. Die Haushaltsschecks sollen das Melde- und Beitragsverfahren vereinfachen; die Berechnung und den Einzug der Abgaben sowie die Meldung des Arbeitnehmers zur Unfallversicherung übernimmt dabei die Minijob-Zentrale. (moi)