Essen. Das Sitzen in Aufsichts- oder Verwaltungsräten bringt vielen Oberbürgermeistern eine schöne Summe nebenbei ein. Und es gibt große Unterschiede, wie viel sie davon privat behalten dürfen. Der Bund der Steuerzahler in NRW fordert deshalb, den privaten Nebenverdienst von Bürgermeistern zu begrenzen.
Was verdient eigentlich ein Bürgermeister? Eine Frage, die gar nicht so einfach zu beantworten ist. Denn neben seinem monatlichen Salär kommen noch Bezüge aus seinen Nebentätigkeiten zusammen, und die können beträchtlich ausfallen – je nachdem, in welchem Gremium das Stadtoberhaupt sitzt.
Erstes Beispiel Dortmund: Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) hat 2011 allein mit seinen Nebentätigkeiten über 107.000 Euro zusätzlich verdient. Sierau sitzt als OB der Stadt in insgesamt 13 Gremien (Sparkasse, RWE, Klinikum usw.). Die Summe darf der OB allerdings nicht komplett behalten, einen Großteil – nämlich fast 64.700 Euro musste er davon an die Stadtkasse überweisen. Dennoch blieben ihm aus seinen Nebentätigkeiten noch 42.700 Euro (brutto) als privates Einkommen.
Zweites Beispiel Mülheim: Die Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) verdiente mit ihren Nebentätigkeiten 2011 sogar 193.600 Euro. Davon führte sie allerdings fast 183.900 Euro an die Stadt wieder ab. Ihr selbst blieben etwa 9700 Euro brutto. Mühlenfeld sitzt dabei in elf Gremien – also ähnlich vielen, wie OB Sierau. Und dennoch darf sie deutlich weniger für sich behalten, als ihr Dortmunder Kollege.
Drittes Beispiel Essen: Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) bekam aus seinen Nebentätigkeiten 2011 nur 36.800 Euro. Allerdings musste er davon auch nur 9200 Euro an den städtischen Haushalt abgeben. So blieben ihm immer noch 27.600 Euro brutto privat übrig.
Die Trennlinien sind schwer zu ziehen
Allein die Beispiele aus dem Ruhrgebiet zeigen: Es gibt große Unterschiede, wie viel die Oberbürgermeister noch nebenbei privat kassieren. Auf die einfache Formel gebracht: Es kommt dabei ganz darauf an, in welchem Gremium sie sitzen. Generell gilt zwar in NRW, dass ein Bürgermeister alle Nebeneinkünfte über 6000 Euro im Jahr an die Stadtkasse abführen muss. Die 6000 Euro darf er als Aufwandsentschädigung behalten. Das ist in der Nebentätigkeitsverordnung des Landes geregelt. Das betrifft vor allem die Posten in den meist städtischen Tochterunternehmen. Allerdings gibt es Ausnahmen von dieser Regelung. Beispielsweise können Bürgermeister alle Gelder, die sie für ihren Sitz im Verwaltungsrat der Sparkassen gezahlt bekommen, privat behalten.
Wie schwierig die Trennlinien im Einzelfall zu ziehen sind, zeigt das Beispiel Sierau. Als Vorstandschef und Aufsichtsrat in der Schüchtermann Schillersche Familienstiftung bekommt er rund 35.600 Euro im Jahr. Die Posten bekleidet er zwar, weil er Oberbürgermeister der Stadt ist, allerdings seien dies Nebentätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes, so der Sprecher der Stadt. Sierau kann deshalb 80 Prozent dieser Einkünfte behalten. Er zahlt an die Stadt 20 Prozent für Personalaufwand sowie Büro- und Sachmittel.
Der Bund der Steuerzahler fordert: Schluss mit Ausnahmen
Dem Bund der Steuerzahler in NRW stößt diese Praxis in den Rathäusern sauer auf. Er fordert: Schluss mit den Ausnahmen. „Jeder Bürgermeister sollte maximal die festgelegten 6000 Euro als Aufwandsentschädigung verdienen dürfen. Mehr nicht!“, so Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler. Schließlich säßen die Bürgermeister qua Amt in den Gremien. Deshalb müsse ein Stadtoberhaupt auch den Teil der Einnahmen zurückgeben, die er durch das Amt verdient hat. „Wer Bürgermeister wird, weiß schließlich vorher, welche zusätzlichen Aufgaben auf ihn zukommen. Das gehört zum Amt“, argumentiert Kanski.
Ähnlich sieht es Andreas Riegel, Leiter der Regionalgruppe Rheinland von Transparency Deutschland. „Es darf für einen Bürgermeister keinen Anreiz geben, möglichst viele lukrative Mandate anzunehmen“, sagte der Korruptionsexperte gegenüber DerWesten. Riegel gibt zu bedenken: „Wie gut kann ein Bürgermeister überhaupt seine Kontrollfunktion in Aufsichtsräten erfüllen, wenn es zu viele werden?“ Auch er befürwortet deshalb eine pauschale Deckelung. „Das könnte einer ausufernden Gremien-Arbeit Einhalt gebieten“, meint er.