Düsseldorf. . Nach den Schweizer Haftbefehlen gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen fordern SPD und Grüne eine deutliche Reaktion der Bundesregierung. Auch die Deutsche Steuergewerkschaft kritisierte das Vorgehen. Die Schweizer Behörden werfen den Beamten Wirtschaftsspionage vor.

Angesichts der Schweizer Haftbefehle gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen fordern Politiker von SPD und Grünen die Bundesregierung zum Handeln auf. Bei der Aktion der Schweizer Justizbehörden handele es sich um einen „einmaligen Vorgang und einen unfreundlichen Akt“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion, Carsten Schneider, der Online-Ausgabe des „Handelsblatts“. Sollte die Aktion seitens der Bundesregierung unwidersprochen bleiben, würde das Rechtsstaats- und Gerechtigkeitsempfinden in Deutschland infrage gestellt. Er erwarte, dass die Bundesregierung für diese Art des Umgangs zwischen Strafverfolgungsbehörden „klare Worte findet“.

Auch die Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick und Thomas Gambke bezeichneten die bisherige Reaktion der Regierung als unzureichend. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte das Vorgehen gegen die Steuerfahnder, die am Kauf einer CD mit Daten deutscher Steuerhinterzieher beteiligt gewesen sein sollen, als nachvollziehbar gewertet. Nach einem Treffen mit EU-Ressortkollegen in Kopenhagen hatte er erklärt: „Die Schweiz hat ihr Strafrecht, und in der Schweiz ist die Verletzung des Bankgeheimnisses mit Strafe bedroht.“ Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz sei durch die Haftbefehle „gar nicht“ betroffen.

Gewerkschaft: Einschüchterungsversuch

Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, hält den Schweizer Haftbefehl gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen für „grotesk.“ „Ich betrachte dieses Vorgehen als einen Einschüchterungsversuch gegenüber der deutschen Politik, weil die Schweiz befürchtet, dass das geplante Steuerabkommen scheitert“, sagte Eigenthaler der Zeitung „Bild am Sonntag“.

Die deutschen Steuerfahnder hätten lediglich ihren gesetzlichen Auftrag ausgeführt. „Es ist grotesk, dass die Schweiz dafür jetzt einen Haftbefehl erlässt“, kritisierte Eigenthaler.

Die Schweizer Justiz hatte Haftbefehle gegen die Steuerfahnder wegen deren Beteiligung beim Ankauf einer Steuerdaten-CD im Februar 2010 erlassen.

Schutz für Steuerfahnder gefordert

Eigenthaler forderte Schäuble und die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, „deutsche Steuerfahnder vor dem massiven Versuch der Einschüchterung und der Kriminalisierung durch die Schweizer Justiz in Schutz zu nehmen“.

Der „Leipziger Volkszeitung“ sagte er: „Wir dürfen es nicht zulassen, dass unsere Fahnder, die mit dem Ankauf von Steuerdaten-CDs lediglich einen Auftrag erfüllen, den ihnen der Bundesfinanzminister und Länderfinanzminister erteilt haben, ungerechtfertigt angegriffen werden.“

Eigenthaler verwies darauf, dass die Verwertung von Daten-CDs ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht gebilligt worden sei. „Offenbar handelt es sich bei dem Vorgehen um einen massiven Einschüchterungsversuch durch die Schweiz, nachdem das Deutsch-Schweizer-Steuerabkommen wegen seiner zahlreichen Schwächen vor dem Scheitern steht“, ergänzte Eigenthaler. Er bekräftigte seine Feststellung: „Lieber kein Abkommen als dieses.“

Steuerabkommen „Schlag ins Gesicht der ehrlichen Steuerbürger“

Mit einem „Discount-Steuersatz von 19 bis 34 Prozent sollen hartgesottene Steuerhinterzieher privilegiert werden“. Mit dem geplanten Abkommen würden weiterhin „in den Hinterzimmern Schweizer Banken Steuern für Steuerhinterzieher anonym abgewickelt“. Das sei „ein Schlag ins Gesicht für die ehrlichen Steuerbürger“.

Die Hoffnung Schäubles, mit den bisherigen Nachverhandlungen flösse ein Steuerbetrag von deutlich mehr als die bisher verabredeten zwei Milliarden Schweizer Franken in deutsche Kassen, „ist ein reines Wunschdenken“, urteilte Eigenthaler.

Zwischen Sommer 2011 und Frühjahr 2013 hätten die Steuerhinterzieher Zeit genug, um ihre Konten aufzulösen. „Dann passiert ihnen gar nichts.“ Das sei, „angesichts von etwa 150 Milliarden Euro deutschem Schwarzgeld in der Schweiz ein Skandal“, sagte Eigenthaler. Während die Bundesregierung um Zustimmung werbe „haben sich beispielsweise die USA und Frankreich vorbildlich einem solchen billigen Ablasshandel verweigert“. (dapd)