Berlin. .
Trotz des geplanten Kaufes der CD mit Daten von 1500 Steuerhinterziehern bleiben 90 Prozent der Gelder versteckt - so eine Einschätzung der Deutschen Steuergewerkschaft. Einige deutsche Steuersünder scheinen allerdings Angst zu bekommen. Die Zahl der Selbstanzeigen ist stark gestiegen.
Die meisten Steuerhinterzieher, die ihr Geld vor dem deutschen Fiskus bei Schweizer oder Luxemburger Banken versteckt haben, sind trotz der aktuellen Steuerfahndungen nach wie vor unentdeckt. „Es geht bei den aktuellen Fällen gerade einmal um zehn Prozent der Gelder, die in der Schweiz versteckt sind“, sagte Dieter Ondracek, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, dem „Tagesspiegel“ (Dienstagausgabe). „90 Prozent der Steuerhinterzieher sind noch immer nicht bekannt.“
Nach Informationen Ondraceks liegt das Geld der deutschen Steuerhinterzieher vor allem in der Schweiz, Österreich und Luxemburg. Exotische Länder wie die Cayman-Inseln spielten dagegen keine große Rolle. Ondracek rechnet nicht damit, dass die jüngsten Fälle von Datenhandel Schule machen und Nachahmer finden werden. Die Schweizer Banken hätten ihre Sicherheitsregeln jetzt massiv verschärft, sagte der Verbandschef.
Steuersünder bekommen kalte Füße
Nach dem von den deutschen Behörden angekündigten Ankauf von Steuersünder-Dateien aus dem Ausland steigt bundesweit die Zahl der Selbstanzeigen. Bei den Finanzämtern in Berlin gingen bis Montag 36 solcher Anzeigen ein, wie eine Sprecherin der Berliner Finanzverwaltung auf ddp-Anfrage mitteilte. Am Freitag seien es noch drei gewesen. „Wir begrüßen, dass die Betroffenen sich melden und beobachten die Entwicklung mit Interesse“, sagte die Sprecherin. Auch in Hamburg zeigten sich nach Angaben der örtlichen Finanzbehörde bislang zehn Bürger selbst an. In Schleswig-Holstein hat das Finanzministerium eigenen Angaben zufolge bislang vier Selbstanzeigen registriert.
Zusätzliche Einnahmen in Millionen-Höhe
In Niedersachsen haben sich bisher 32 Bürger gemeldet. Einer Sprecherin des Finanzministeriums zufolge sind durch die nachgemeldeten Summen Steuereinnahmen in Höhe von etwa 2,6 Millionen Euro zu erwarten. Auch in Bayern meldeten sich Steuersünder, wie eine Sprecherin des Bayerischen Landesamts für Steuern sagte. Genaue Zahlen konnte sie nicht nennen und wollte auch einen direkten Zusammenhang mit der Steuersünder-CD zunächst nicht bestätigen. Bis zum Ende der vergangenen Woche hatten sich in Hessen nach Angaben der Oberfinanzdirektion 27 Steuersünder bei den Finanzämtern im Land selbst angezeigt.
Medienberichten zufolge wollten Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen am vergangenen Wochenende eine CD mit Daten von 1500 Steuersündern, die in der Schweiz Konten unterhalten, von einem Unbekannten kaufen. Mit ihren rechtzeitig eingegangenen Selbstanzeigen und der Nachzahlung der Steuern plus Zinsen können die Betroffenen straffrei ausgehen.
Stuttgarter Kabinett berät nicht über neuen Daten-Ankauf
Das Kabinett des scheidenden baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger kommt nun doch nicht zu einer Sondersitzung über den Ankauf einer CD mit Daten mutmaßlicher Steuersünder zusammen. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur DAPD am Montag aus Regierungskreisen. Die Staatskanzlei in Stuttgart war zunächst nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen. Das baden-württembergische Finanzministerium rechnet bei einem Ankauf der CD mit Daten mit Mehreinnahmen von sechs bis sieben Millionen Euro. Darüber gab es aber kontroverse Meinungen: Finanzminister Willi Stächele (CDU) sagte der „Bild am Sonntag“, er sei „für einen Ankauf, wenn er rechtsstaatlich konform ist“. Justizminister Ulrich Goll (FDP) kündigte sein Veto an, sollten die Daten illegal beschafft worden sein.
Stächele sagte, ein Informant habe sich Anfang vergangener Woche bei der Steuerfahndung in Freiburg gemeldet und fordere 500.000 Euro für eine CD mit 1.700 Namen mutmaßlicher Steuerhinterzieher. 52 Namen von Anlegern habe er geliefert. Er habe außerdem ein zweites Datenpaket von Depotauszügen überreicht - allerdings ohne Namen. In Stuttgart wird am kommenden Mittwoch der Nachfolger von Oettinger gewählt. Neuer Regierungschef wird der bisherige CDU-Fraktionschef im Landtag, Stefan Mappus. Auf sein Betreiben hin ist die zuerst angesetzte Kabinettssitzung offenbar abgesagt worden. (ddp/ap)