Berlin. Nach dem Rücktritt von Christian Wulff tobt die Diskussion um den Ehrensold für Altbundespräsidenten. Während mehrere Politiker die Zahlungen an Wulff verteidigen, mehren sich die Stimmen, die eine Reform der Altersbezüge fordern. Wulff muss unterdessen wohl auf einige Privilegien verzichten.
Die Entscheidung, Christian Wulff Ehrensold zu zahlen, hat eine Grundsatzdebatte über die Bezüge von Altbundespräsidenten ausgelöst. Politiker aus Koalition und Opposition erwägen, die Höhe der Zahlungen künftig vom Alter des Expräsidenten und der Länge seiner Amtszeit abhängig zu machen. Kaum jemand macht Wulff seinen Ehrensold noch streitig - der Steuerzahlerbund forderte den früheren Bundespräsidenten aber auf, zu erklären, ob er die Summe von jährlich 199.000 Euro annehme.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier brachte für die Zukunft eine Senkung des Ehrensolds ins Gespräch. Man könne etwa überlegen, ob der Bundespräsident ein abgesenktes Ruhestandsgehalt bekommen solle wie andere Amtsträger auch, sagte der CDU-Politiker. Die Entscheidung, Wulff den Sold zu gewähren, sei aber ausdrücklich richtig.
Auch die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sprach sich für eine Reform des Ehrensolds aus. "Die derzeitige Regelung hat in Bezug auf den ausgeschiedenen Bundespräsidenten Christian Wulff zu einem Zustand geführt, der von den Menschen zu Recht als unangemessen bewertet wird", sagte Karrenbauer am Samstag in Saarbrücken. "Aktuelle und zukünftige Einkommen bis zum 67. Lebensjahr sollten auf den Ehrensold angerechnet werden", schlug Kramp-Karrenbauer vor. Das Bundespräsidialamt hatte Wulff den Ehrensold nach nur knapp 20 Monaten im Amt zugestanden.
Beck schlägt Präsidentenpension ab 60 statt Ehrensold vor
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, stört sich daran, dass schon gleich nach dem Ausscheiden aus dem Amt Zahlungen fällig werden. "Jungpensionäre à la Christian Wulff soll es nach künftigem Recht nicht mehr geben", sagte er der "Bild"-Zeitung. Niedersachsens SPD-Landeschef Stephan Weil sagte dapd, eine Abstufung nach Länge der Amtszeit sei sinnvoll und gerecht.
Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck schlug statt des Solds eine Pension vor, die frühestens ab dem 60. Geburtstag bezahlt würde. Bis dahin könne es ein niedrigeres Übergangsgeld geben.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Kurth forderte im "Focus", einem Ex-Bundespräsident vor dem 67. Lebensjahr nur den halben Sold zu bezahlen. Sein Parteikollege, der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sieht hingegen keinen Grund, den Ehrensold für Altbundespräsidenten zu reformieren. "Ich halte diese Debatte, die vor Christian Wulff nie geführt wurde, für zutiefst unangemessen", sagte Kubicki.
Das Thema beschäftigt jedoch offenbar viele Bürger: Beim Bund der Steuerzahler sind zum Fall Wulff Hunderte E-Mails eingelaufen. "Die Menschen erwarten eine Erklärung von ihm", sagte Bundesgeschäftsführer Reiner Holznagel dem "Hamburger Abendblatt". Wulff solle erklären, ob er den Ehrensold annehme.
Geringe Chancen auf Büro, Mitarbeiter und Dienstwagen
Während die Debatte über den Ehrensold tobt, deutet sich im Haushaltsausschuss des Bundestages an, dass der zurückgetretene Christian Wulff wohl auf weitere, noch teurere Privilegien sehr wahrscheinlich verzichten muss.
Eigentlich stünden ihm - wie seinen Amtsvorgängern - jetzt auch ein persönliches Büro in exklusiver Hauptstadtlage, mehrere Mitarbeiter, Dienstwagen und Chauffeur zu. Lebenslang. Das würde noch mal rund 300.000 Euro jährlich kosten. Doch im Haushaltsausschuss gibt es dagegen Widerstand: Unter den Abgeordneten bildet sich eine breite Front, die Wulff die Leistungen ganz oder teilweise verweigern möchte. Die Privilegien wären im Fall Wulff "nicht nachvollziehbar", meint SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider.
Ähnlich äußern sich beteiligte Abgeordnete von FDP, Grünen und Linken. Priska Hinz (Grüne) sagte, Wulff habe der Demokratie geschadet, sollte keine lebenslange Amtsausstattung bekommen. In der Unionsfraktion heißt es warnend, ein Antrag auf die Privilegien müsse "gründlich geprüft" werden. Anders als beim Ehrensold muss der Haushaltsausschuss den Zahlungen zustimmen. Wulff muss sie über das Präsidialamt beantragen, bisher hat er das unterlassen. "Wenn Wulff klug ist, verzichtet er auf den Antrag", sagte ein führender Haushaltsexperte der Koalition der WAZ-Mediengruppe, "sonst droht ihm wohl eine Abfuhr". Der Staatsrechtler Herbert von Arnim: "Es besteht kein Rechtsanspruch." (mit Material von dapd)