Düsseldorf. . Seit längerem schon bemängelt die CDU den schlechten baulichen Zustand und personelle Engpässe in den NRW-Haftanstalten. Nach der jüngsten Pannenserie mit Ausbrüchen, Meutereien und Missständen hat die CDU-Opposition Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) massives „Führungsversagen“ angelastet.
Nach der Pannenserie mit Ausbrüchen, Meutereien und Missständen in NRW-Haftanstalten hat die CDU-Opposition Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) massives „Führungsversagen“ angelastet. „In den Anstalten ist die Lage zum Teil hochexplosiv“, klagte der CDU-Rechtsexperte Peter Biesenbach bei der Vorlage seiner Mängelliste.
In der knapp zweijährigen Amtszeit Kutschatys häufen sich die Vorfälle in den NRW-Justizvollzugsanstalten. Von August 2010 bis Ende 2012 ereigneten sich allein in der JVA Bochum fünf Fälle, in denen Häftlinge Fluchtversuche oder Ausbrüche unternahmen. Zwei der Täter sind bis heute flüchtig.
Missstände und Schlägerein
Die JVA Aachen ist aus Sicht Biesenbachs „mindestens genauso problematisch“. Ein Freigänger schlug 2011 mit einem Bekannten auf einen 43-Jährigen ein, der an den schweren Kopfverletzungen starb. Bei einer Schlägerei in der Haft wurden vier Beamte verletzt, ein anderer JVA-Beamter von einem Häftling krankenhausreif geschlagen, ein Beamter wurde unter dem Verdacht des Rauschgiftschmuggels festgenommen. 2011 erdrosselte sich ein Häftling in der Zelle. Die CDU verlangte erneut die Abberufung der JVA-Leiterin in Aachen durch den Minister.
Obwohl es aber in vielen Haftanstalten „brodelt“, habe Minister Kutschaty bis heute keine neuen Leitlinien für den Strafvollzug präsentiert, kritisierte Biesenbach. Der CDU-Politiker räumte Missstände auch in der Amtszeit der früheren Ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) ein. „Die SPD hatte aber versprochen, dass es besser wird. Passiert ist nichts“, kritisierte Biesenbach.
Drei „Meutereien“
In den Haftanstalten Gelsenkirchen, Wuppertal-Ronsdorf und Kleve war es in den letzten 18 Monaten zu drei „Meutereien“ gekommen, weil Häftlinge Missstände beklagten. In Kleve probten 25 Häftlinge den Aufstand, weil Tabak, Kaffee und Tee nicht korrekt aufgeteilt worden seien. In Gelsenkirchen hatte es eine Massenkeilerei gegeben.
Nachdem Justizminister Kutschaty selbst einen Investitionsstau von zwei Milliarden Euro bestätigt hatte, bemängelte die CDU den schlechten baulichen Zustand und personelle Engpässe in den Haftanstalten. Anfang 2012 „schoben“ JVA-Bedienstete in NRW 428.319 Überstunden. Der Krankenstand im Vollzugsdienst betrug 10,45 Prozent. „Es wird in den Haftanstalten gefährlich“, warnte Biesenbach. „Die Missstände sind ein Ergebnis des Nichtstuns.“ Allerdings hat Kutschaty seit 2011 insgesamt zusätzliche 288 Stellen für JVA-Bedienstete geschaffen.
Neue Leitlinien
Kutschaty will handeln und den Strafvollzug reformieren: In den nächsten Wochen will der Minister neue Leitlinien für den Strafvollzug vorlegen. Dann soll auch der Mangel beseitigt werden, dass in einzelnen Haftanstalten jeder zweite Insasse 23 Stunden pro Tag müßig in der Zelle sitzt. Künftig wird der Behandlungsvollzug eine stärkere Rolle spielen.
Biesenbach reicht das nicht aus. Zwar werden Haftanstalten seit Jahren baulich und technisch für mehr Sicherheit nach außen umgerüstet. „Bei der Bewältigung der konkreten Probleme im Haftalltag lässt Kutschaty die Anstalt allein“, klagte der CDU-Rechtexperte. „Es ist höchste Zeit, dass alte Sicherheitsvorschriften an die heutige JVA angepasst werden.“