Duisburg-Hamborn. . Das Gefängnis in Duisburg-Hamborn funktioniert wie ein kleiner Wirtschaftsbetrieb. In den Knast-Werkstätten bauen die 245 Häftlinge unter anderem Tischkicker und schweißen die Vergitterung ihrer Zellenfenster und -türen zusammen. Auch für Firmen sind deutsche Gefängnisse günstige Produktionsstandorte.

Geschickte Handwerker, aber auch ausgezeichnete Hobbykünstler leben mitten in Hamborn. Allerdings unfreiwillig. Es handelt sich um Gefangene, die in der Justizvollzugsanstalt an der Goethestraße ihre Strafen absitzen oder die Untersuchungshaft erdulden müssen. Die meisten sind in Einzelzellen untergebracht – da fällt ihnen die Decke schnell auf den Kopf. Deshalb sind sie, wie Anstaltsleiter Joachim Güttler und sein Team berichten, erpicht darauf, in einer der Knast-Werkstätten arbeiten zu dürfen.

„Vor 30, 40 Jahren“, erzählt Güttler, „gab es die so genannte Zellenarbeit. Das waren Sortier- oder andere Aufgaben, die auch in Heimarbeit erledigt wurden.“ Da aber zu viel Material verschwand, wurde das System auf Gemeinschaftsarbeit umgestellt. Und so entstanden in den Gefängnissen gut ausgestattete Werkstätten und Arbeitsräume, in denen Häftlinge unter Aufsicht und Anleitung von Handwerksmeistern einfache bis hoch komplexe Arbeiten verrichten

Auftraggeber zahlen zwischen drei und zehn Euro pro Stunde

„Für einen normalen Gehilfenlohn“, wie Güttler unterstreicht. Sprich: Der Auftraggeber, manchmal die Justizbehörde selbst, manchmal aber auch Firmen, die billige Kräfte im Inland suchen, statt Aufträge nach China oder in andere Billiglohnländer zu vergeben, lassen dort Waren verpacken oder zusammensetzen. Etwa Spachtel oder Ofen- und Kaminrohrabdichtungen.

Zwischen drei und zehn Euro zahlen die Auftraggeber pro Stunde. Das Geld geht aber nicht an die Häftlinge, sondern ans Land. Das kassiert einen Teil, quasi für „Kost und Logis“, überweist aber auch Rentenversicherungsbeiträge und zahlt durchschnittlich sieben bis acht Euro pro Tag aufs Konto des Häftlings ein.

Der Hamborner Knast

Im Hamborner Gefängnis gibt es 200 Zellen, die derzeit mit 245 Inhaftierten belegt sind. 80 Prozent der Gefangenen befinden sich in Untersuchungshaft, nur jeder Fünfte verbüßt eine Freiheitsstrafe. Ein Hafttag kostet das Land pro Person rund 170 bis 180 Euro. Arbeiten darf nur, wer einen ärztlichen Gesundheitscheck bestanden hat.

Der kann über maximal 205 Euro pro Monat frei verfügen – sprich: Er kann im Knastshop eigene Süppchen, Nudeln, die Lieblingsmarmelade, Kaffee, Tee etc. ordern und bekommt die Ware bis in die Zelle geliefert. Ein weiterer Teil wird angespart, damit die Inhaftierten nach der Freilassung etwas Startkapital haben.

Verkauf im Online-Shop

Die einfachen Sortierarbeiten sind überwiegend für Menschen geeignet, die vor der Verhaftung keiner Arbeit, keinem geregelten Leben nachgekommen sind und deshalb „erst einmal daran gewöhnt werden müssen, morgens pünktlich zur Arbeit zu erscheinen“ und vor allem den Tag an der Werkbank durchzuhalten.

Die handwerklich Geschickten dagegen fertigen Topwaren an, die unter www.knastladen.de verkauft werden: Dazu zählen Krippen, Osterdekorationen und vor allem der deutschlandweite Renner: Ein Tischkicker in Profiqualität für 398 Euro inkl. Lieferung frei Haus. „Das ist mein Baby“, sagt Heinz Borisch, Leiter der Schlosserei im Knast, nicht ohne Stolz.

Gefangene sind stolz auf ihre Arbeit

Vor Jahren entdeckte er auf dem Sperrmüll einen Kicker, den er im Knast reparieren lassen wollte und fand: „Wir können selbst viel bessere bauen.“ Gesagt, getan: Inzwischen sind 465 der aus massivem Buchenholz gefertigten Spielgeräte verkauft.

Wer auch immer von den Häftlingen an solchen Werkstücken mitarbeiten darf, ist natürlich stolz. Schließlich steht sein Produkt später einmal in einem Jugendheim, einer Schule, oder sogar einer Fortbildungseinrichtung der Justiz. Genauso stolz sind die Gefangenen aber auch, wenn sie Holzkrippen, eiserne Blumenkastenhalterungen oder Vogelhäuschen bauen dürfen. Oder die tristen Flurwände kunstvoll bemalen können.

Inhaftierte Handwerker schweißen Vergitterung zusammen

Was ihnen vermutlich weniger Spaß macht, aber dennoch erledigt werden muss: In Hamborn schweißen die inhaftierten Handwerker aus angelieferten und geprüften Bauteilen auch die Vergitterung ihrer Zellenfenster und -türen zusammen. „Natürlich wird anschließend alles geprüft und nach dem Verzinken einer Endkontrolle unterzogen“, sagt Joachim Güttler schnell. Sicher ist sicher.