Berlin. . Der Bundestag hat das zweite Rettungspaket für Griechenland beschlossen. Allerdings schaffte Bundeskanzlerin Angela Merkel keine eigene Mehrheit aus der Koalition. Es ist die zweite Situation binnen weniger Tage, in der die Kanzlerin ihre Grenzen erfuhr. Ein Kommentar.

Für Griechenland macht es keinen Unterschied. Aber in Berlin ist es ein Vorgang, wenn Angela Merkel in einer zentralen Frage ihre „Kanzlermehrheit“ verliert. Das bedeutet: Sie war für das zweite Griechenland-Paket auf die Stimmen von SPD und Grünen angewiesen.

Ihre Überzeugungskraft schwindet. Das erste Paket hatte Merkel noch aus eigener Kraft stemmen können. Sie erlebt eine Erosion ihrer Macht. Dazu passt auch, dass ihr eigener Innenminister den Griechen den Austritt aus dem Euro-Raum nahegelegt hat. Das war für die Koalition nicht gerade die Losung des Tages. Viele Abgeordneten werden ihn insgeheim als ihren Kronzeugen betrachten. Es ist das zweite Frusterlebnis binnen weniger Tage. Auch bei der Nachfolge von Christian Wulff hatte die Kanzlerin Grenzen erfahren.

Keine Routinesache

Die Griechenland-Entscheidung hat große Tragweite. Erstens ging es um viel Geld, 130 Milliarden Euro, zweitens um eine Frage der Haltung. Es war nicht so gedacht, aber so ist es gekommen: Wir sind eine Transferunion und zahlen für Griechenland. Am Montag war im Bundestag relativ wenig vom dramatischen Ernst beim ersten Rettungspaket zu spüren. Es klang fast wie eine beliebige Debatte. Das war vielleicht der Fehler. Es ließ sich so an. Aber es war für die Angeordneten offenkundig keine Routinesache.

Die Bürger werden es ihnen danken. Sie sind laut Umfragen gegen die Griechenland-Hilfen. Die Parteien unterscheiden sich freilich nur geringfügig. Daran ändert auch die Rede von Peer Steinbrück wenig. Er brachte viel Kritik vor, um dann zum Ergebnis zu kommen, dass eine breite Zustimmung doch im Interesse Deutschlands sei.

Häppchenweise Aufklärung

Mit so einer Opposition kann Merkel leben. Vor ihren Parteifreunden hätten man sie eher schützen müssen. Merkel ist daran nicht schuldlos. Ihren Bürgern schenkt sie reinen Wein in Schnapsgläsern aus, in kleinen Portionen. Es rächt sich.

Ist der Austritt eine Option, wie Innenminister Friedrich meint? Sein Timing war miserabel - seine Argumente sind es nicht. Eine Pleite ist keine Lösung. Die Entscheidung liegt in Athen. Ein Austritt wäre im Interesse des Landes. Hätten wir die Milliarden besser als Austrittshilfe zahlen sollen? Die Frage ist legitim.