Athen. . Enttäuschung, Angst und Wut: Die meisten Griechen sind auf Deutschland schlecht zu sprechen, so eine aktuelle Umfrage. Griechische Karikaturisten zeigen die Kanzlerin in NS-Uniform oder als blutsaugenden Vampir.

Das dem hoch verschuldeten Griechenland auferlegte Sparprogramm hinterlässt tiefe Spuren im Verhältnis zwischen Griechen und Deutschen. Eine aktuelle Umfrage zeigt: Acht von zehn Griechen sehen Deutschlands Rolle in Europa negativ, 76 Prozent betrachten Deutschland als „feindliches“ Land.

Es ist ein düsteres, ein bedrückendes Bild von Deutschland und den Deutschen, das die am Donnerstag veröffentlichte Meinungsumfrage des politischen Wochenmagazins „Epikaira“ zeichnet. Jeder dritte Befragte assoziiert mit Deutschland spontan Begriffe wie „Hitler, Nazis, Drittes Reich“. Positive Reaktionen weckt das Wort Deutschland nur bei sehr wenigen Griechen: Ein Prozent denkt bei Deutschland an „Fleiß“, 0,5 Prozent fallen ad hoc „deutsche Au­tos“ ein und lediglich 0,2 Prozent sagen, dass sie gern in Deutschland leben würden.

Dass Deutschland und die Deutschen in Griechenland schlecht wegkommen, ist nicht neu. Viele Griechen glauben, dass es vor allem die deutsche Regierung ist, die ihnen das harte Sparprogramm, Rentenkürzungen und Lohnverzicht aufbürdet. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist in Griechenland die mit Abstand unbeliebteste ausländische Po­litikerin: 81 Prozent haben eine negative Meinung von ihr. Ein häufig gehörter Vorwurf: Merkel habe anfangs aus innenpolitischem Kalkül mit Hilfe für die Griechen zu lange gezögert und damit die Krise verschärft, um nun das Land mit immer härteren Sparauflagen ins Elend zu treiben.

Auch deutsche Medien sind in der Kritik

Griechische Karikaturisten zeichnen die Kanzlerin gern in einer SS-Uniform, als blutsaugenden Vampir oder als Zirkusdompteuse, die mit geschwungener Peitsche griechische Rentner zum Sprung durch einen brennenden Reifen antreibt. Umgekehrt fühlen sich viele Griechen durch deutsche Medien herabgesetzt – etwa wenn deutsche Boulevardzeitungen fordern, die „Pleite-Griechen“ müssten erst einmal ihre Inseln und die Akropolis verkaufen, bevor sie Hilfe erwarten könnten. Für Empörung sorgte auch das Magazin „Focus“, das die Griechen als „Betrüger in der Euro-Familie“ bezeichnete und „2000 Jahre Niedergang von der Wiege zum Hinterhof Europas“ beschrieb. Um das kontroverse Titelbild des Magazins, das die Liebesgöttin Aphrodite mit „Stinkefinger“ zeigte, wird seit Monaten in Athen prozessiert.

Vor sechs Jahren bezeichneten noch 78 Prozent der Griechen Deutschland als „besonders sympathisch“. Wie radikal die Stimmung inzwischen gekippt ist, zeigt die jüngste Umfrage, die Anfang Februar für „Epikaira“ von dem renommierten Meinungsforschungsinstitut VPRC erhoben wurde. Wenn sie an Deutschland denken, empfinden vier von zehn Griechen „Zorn“, „Wut“ und „Empörung“. Jeder Zehnte fühlt „Enttäuschung“, sechs Prozent haben „Angst“ vor Deutschland. Lediglich 1,5 Prozent äußern „Sympathie“.

76 Prozent glauben, Deutschland verhalte sich „feindselig“ gegenüber den Griechen. Acht von zehn Griechen sehen auch Deutschlands Rolle in Europa „negativ“. Deutschland versuche mit seiner Finanzkraft Europa zu dominieren, sagen 81 Prozent der Befragten. 77 Prozent glauben sogar, Deutschland arbeite auf die Errichtung ei­nes „Vierten Reichs“ hin.

Ansprüche auf Schadenersatz

Die Zeitschrift „Epikaira“ bringt in ihrer jüngsten Ausgabe auch das in Griechenland immer wieder diskutierte Thema deutscher Reparationen neu auf die Tagesordnung. Das Magazin beziffert die Schadenersatzansprüche Griechenlands für die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg auf 162 Milliarden Euro. Das wäre fast die Hälfte der griechischen Staatsschulden. Auch zu diesem Thema fragten die Meinungsforscher nach. Das Ergebnis: 87 Prozent meinen, Griechenland solle „mit allen Mitteln“ Reparationen von Deutschland eintreiben.